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Zöliakie Gentest positiv? Was sagt das aus?

Positiver Gentest Zöliakie
Welche Aussagekraft hat ein positiver Gentests auf Zöliakie? Wann braucht man tatsächlich eine glutenfreie Diät? Bildquelle: S. Baas

Heute wird zur Diagnose von Zöliakie häufig ein Gentest durchgeführt. Insbesondere bei Kindern, deren Eltern Zöliakie haben, ist das eine sinnvolle Maßnahme. Es ist jedoch wichtig zu wissen, was der Test genau misst und was das aussagt. Was bedeutet es also, wenn ein positives oder negatives Testergebnis ermittelt wurde? Welche Schlussfolgerungen kann man ziehen? Braucht man dann eine glutenfreie Diät? MeinAllergiePortal sprach mit Frau Dr. Stephanie Baas, medizinische Beraterin der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) in Stuttgart über das Zöliakie-Gen.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. Stephanie Baas

Frau Dr. Baas, was misst man mit dem Gentest auf Zöliakie?

Es gibt zwei Merkmale auf einem Eiweiß auf weißen Blutkörperchen, mit denen die Zöliakie in Zusammenhang steht. Dieses Eiweiß dient der Erkennung von Fremdstoffen. Es bindet zum Beispiel auch das Gliadin-Peptid sehr gut und präsentiert bei einer Zöliakie das Fremdeiweiß.

Bedeuten diese Merkmale, dass es bei Zöliakie zu einer Genmutation kommt?

Nein, dabei handelt es sich nicht um ein mutiertes, krankes Gen, sondern um ein gesundes, funktionstüchtiges Eiweiß oder Merkmal, das auf weißen Blutkörperchen sitzt. Der Nachweis dieser Merkmale, es handelt sich um HLA DQ2 und HLA DQ8, ist ein Indikator dafür, dass bei diesen Personen eine Zöliakie grundsätzlich auftreten kann, aber nicht muss.

Wie viele Menschen tragen die Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8, die ein Hinweis auf Zöliakie sein können?

Insgesamt tragen etwa 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland eines der beiden Merkmale. Etwa 25 Prozent der Bevölkerung trägt das HLA DQ2 und ca. 5 bis 7 Prozent tragen das HLA DQ8. Aber: Nur 2 Prozent dieser Personen entwickeln tatsächlich eine Zöliakie.

Umgekehrt tragen alle Zöliakie Patienten entweder DQ2- oder DQ8. Das bedeutet bei all jenen, die weder das DQ2- noch das DQ8-Merkmal aufweisen, ist eine Zöliakie nahezu ausgeschlossen. Der Gentest kann also dazu beitragen, eine Zöliakie auszuschließen.

Wie genau wird der Zöliakie-Gentest durchgeführt?

Es handelt sich um eine Blutuntersuchung. Bei genetischer Testung muss der Arzt, der das Blut dafür abnimmt, aber über die Fortbildung verfügen, dass er das machen darf. Der Patient muss aufgeklärt werden, was der Test für ihn bedeutet und dies mit seiner Unterschrift bestätigen, dann darf das Labor das Blut untersuchen.

Wie sicher ist der Gentest auf Zöliakie?

Der prädiktive Wert des Zöliakie-Gentests liegt bei 98 bis 99 Prozent. Manchmal gibt es jedoch sogenannte Minimalvarianten, wie ein halbes DQ2-Merkmal. Nicht in jedem Gentest wird diese Minimalvariante mit untersucht. Zudem gibt es neben diesen „großen“ Merkmalen auch etliche kleinere Gene, die deutlich weniger zur Entstehung der Zöliakie beitragen. Aber es gibt auch eine sehr kleine Gruppe an Zöliakie-Patienten, die weder HLA-DQ2 noch –DQ8 tragen, aber dennoch die Erkrankung haben. Daher hat der Gentest keine 100prozentige Aussage.

Gibt es für Menschen, ohne HLA DQ2 oder HLA DQ8-Merkmal, ein Restrisiko für eine Zöliakie?

Nehmen wir Folgendes an: ein Patient hat Zöliakie-typische Beschwerden, es wurden Antikörper nachgewiesen und eine verdächtige Biopsie liegt vor, der Gentest ist jedoch negativ. In diesem Fall könnte man nicht davon ausgehen, dass der negative Gentest der Nachweis dafür ist, dass keine Zöliakie vorliegt. Man würde sich in diesem Fall an den anderen diagnostischen Werten orientieren.

Sind die Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8 vererbbar bzw. ist Zöliakie genetisch bedingt?

Die Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8 sind genau der genetische Hintergrund, der bei der Vererbung von Zöliakie ausschlaggebend ist. Die Eltern vererben die beiden Merkmale, oder eines davon, an die Kinder. Aber diese müssen, wie gesagt, nicht an Zöliakie erkranken.

Sollte man sich nach einem positiven Gentest auf Zöliakie bzw. auf HLA DQ2 und HLA DQ8 glutenfrei ernähren?

Allein aufgrund eines positiven Zöliakie-Gentests auf eines der Merkmale sollte keine glutenfreie Ernährung empfohlen werden. Häufig wird von Kinderärzten der Gentest dann gemacht, wenn ein Elternteil an Zöliakie erkrankt ist. Wenn sich dann herausstellt, dass das Kind DQ 2-positiv oder DQ8-positiv ist, wird manchmal die Empfehlungen gegeben, das Kind glutenfrei zu ernähren. Das ist aber nicht empfehlenswert und auch nicht notwendig. Letztlich erkrankt ja nur ein kleinerer Teil der Kinder - nur ca. 10 bis 15 Prozent - an Zöliakie, wenn ein Elternteil betroffen ist.

Sollte man bei einem Kind, bei dem ein Elternteil Zöliakie hat, überhaupt einen Gentest auf HLA DQ2 und HLA DQ8 durchführen?

Es ist durchaus sinnvoll, die Kinder einer Familie mit dem Gentest zu untersuchen, wenn ein Elternteil an Zöliakie leidet. Hat eines der Kinder ein negatives Gentest-Ergebnis, dann weiß man, dass ein regelmäßiger Zöliakie-Antikörpertest bei diesem Kind nicht mit der gleichen Regelmäßigkeit nötig ist, wie bei den Geschwistern, die im Gentest positiv getestet wurden. Damit kann man den Kindern etliche unangenehme Blutentnahmen ersparen. Aber man muss eher davon ausgehen, dass die Kinder auch die Merkmale tragen, da sie ja schon bei den Eltern vorkommen.

Was kostet ein Gentest auf Zöliakie bzw. übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten?

Die Kosten liegen – soweit ich weiß – ungefähr zwischen 20,- und 200,- €. Das hängt auch von der verwendeten Methode ab, wie genau untersucht wird. In vielen Fällen wird der Test nicht von den Krankenkassen getragen.

Welche weiteren Faktoren können dazu führen, dass eine Zöliakie entsteht?

Offensichtlich tragen auch Infektionen dazu bei, dass Toleranzen verloren gehen und eine Zöliakie entsteht. Dabei könnten Ähnlichkeiten zwischen den Eiweißen mancher Viren und dem Gliadin eine Rolle spielen. Diese könnte zu „Verwechslungen“ führen und den Körper dazu veranlassen, an Stelle der Viren, das Gliadin anzugreifen. Zudem steht die Ausbildung der Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8 grundsätzlich mit der Verbreitung des Weizens als Grundnahrungsmittel in Zusammenhang.

Welche Zusammenhänge sieht man zwischen der Verbreitung von Weizen und der Verteilung von HLA DQ2 und HLA DQ8 in der Bevölkerung?

Der Urweizen kam aus der Region um Persien und hat sich von dort aus verbreitet. Mit dem Urweizen wurden auch die Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8 in die Welt getragen. Weizenkonsum und die Verbreitung von HLA DQ2 und HLA DQ8 waren stets eng verknüpft. Zum Beispiel wird im Norden Chinas mehr Weizen konsumiert, als dies im Süden des Landes der Fall ist, und im Norden findet man auch deutlich häufiger die Merkmale HLA DQ2 und HLA DQ8. In Regionen, in denen Weizen nie eine Rolle gespielt hat, findet man diese Merkmale entsprechend selten. 

Frau Dr. Baas, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

16. April 2023

Autor: S. Jossé/S. Baas, www.mein-allergie-portal.com

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