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Kreuzallergie: Molekulare Allergiediagnostik & Hyposensibilisierung

Kreuzallergien Molekulare Allergiediagnostik Hyposensibilisierung
Kreuzallergien: Molekulare Allergiediagnostik & Hyposensibilisierung! Bildquelle: C. Otterstedde

Kreuzallergien können auftreten, wenn bereits eine Sensibilisierung besteht. So kann bei einer Pollenallergie, wie zum Beispiel der Lieschgras-Allergie, zusätzlich eine Nahrungsmittelallergie auftreten. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist die genaue Diagnose. Hier spielt die molekulare Allergiediagnostik, auch Komponentendiagnostik genannt, eine Rolle, sie ist in vielen Fällen entscheidend für den Therapieerfolg einer Hyposensibilisierung. MeinAllergiePortal sprach mit Dr. med. Christian Otterstedde, HNO und Allergologe, HNO Praxis am Goetheplatz, Frankfurt.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. med. Christian Otterstedde

Herr Dr. Otterstedde, welche Rolle spielt die molekulare Allergiediagnostik bei Pollenallergikern mit Kreuzallergien?

Die molekulare Allergiediagnostik bereichert die Allergiediagnostik deutlich und ganz besonders in Bezug auf die Diagnose von Kreuzallergien. Bei den üblicherweise genutzten Standard-Allergietests wird auf das Gesamtallergen getestet. Dies gilt sowohl für die Bluttests als auch für die Hauttests. Dafür nutzt man standardisierte wässrige Lösungen, die Pollen- oder Milbenallergene enthalten. Allerdings hat man mittlerweile festgestellt, dass alle Allergene aus einzelnen Komponenten bzw. einzelnen Proteinen bestehen. Man kann also auf jede einzelne Komponente sensibilisiert sein. Die einzelnen Komponenten haben dabei aber einen jeweils unterschiedlichen Stellenwert.

Warum ist es wichtig, auf welche Allergenkomponente ein Pollenallergiker sensibilisiert ist?

Konkret heißt das, es gibt Majorallergene und Minorallergene und diese haben ein unterschiedliches Potenzial im Hinblick auf die Symptome. Von den Standard-Allergietests wird dies jedoch nicht erfasst. In der Vergangenheit gab es deshalb immer wieder Fälle, die man sich nicht erklären konnte.

Haben Sie ein Beispiel für solche einen schwierigen Fall der Pollenallergie?

Schwierig wird es, wenn zum Beispiel der Patient auf den Prick-Test sehr stark reagiert und ebenso auf den RAST, aber keinerlei Heuschnupfen-Symptome hatte. Bei einer Sensibilisierung auf ein Minor-Allergen kann es aber durchaus sein, dass man keine ausgeprägte Heuschnupfensymptomatik hat. Erst durch die molekulare Allergiediagnostik lässt sich dies feststellen, denn viele dieser Allergene sind heute als Testsubstanzen standardisiert verfügbar.

Wie funktioniert die molekulare Allergiediagnostik, insbesondere im Hinblick auf Kreuzallergien?

Basis der molekularen Allergiediagnostik ist die folgende Erkenntnis: Wenn bei einem Patienten eine Sensibilisierung gegen Allergene in Pollen oder Milben vorliegt, kann es auch auf bestimmte Lebensmittel zu allergischen Reaktionen kommen. Diese allergischen Kreuzreaktionen auf Nahrungsmittel zeigen sich meist am Mund durch ein sogenanntes orales Allergiesyndrom. Eine Polle oder auch eine Hausstaubmilbe besteht aus einer Vielzahl verschiedener Proteine. Gegen jeden einzelnen Proteinbestandteil kann ein Allergiker sensibilisiert sein. Dabei unterscheidet man die Majorallergene, die Hauptallergne, und die Minorallergne, die Nebenallergene, und diese sind für die Kreuzallergien verantwortlich. Mit der molekularen Allergiediagnostik kann man sehr gut erkennen, ob eine entsprechende Sensibilisierung gegen diese Proteine vorliegt. Man kann dann einschätzen, ob das Risiko besteht, eine Kreuzallergie auf Nahrungsmittel zu entwickeln. Eine Ernährungsberatung ist auf dieser Basis sehr gut möglich.

Was kostet die molekulare Allergiediagnostik, zahlt das die Krankenkasse?

Die Kosten für die molekulare Allergiediagnostik als Einzelbestimmung werden von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet, wie die Extrakttests im EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab) mit 7,10 €. Nur ein Multiplex Chip wird in der Regel von den gesetzlichen Kranken Kassen nicht erstattet. Die privaten Krankenkassen hingegen übernehmen die Kosten für die Komponentendiagnostik in der Regel.

Wie hat die molekulare Allergiediagnostik die Diagnose verändert?

Nach wie vor steht am Anfang der Diagnose die klassische Anamnese. Hier kann man schon anhand des Zeitraums, in dem die Heuschnupfen-Symptome auftreten, erkennen, um welches Allergen es sich handeln könnte. Dann folgt der Prick-Test, das ist ein Test auf der Haut. Erst danach sollte man die Allergene, die positiv getestet wurden, bzw. eventuelle nicht eindeutige Ergebnisse, mit Hilfe der molekularen Diagnostik überprüfen. Das kann man tun, indem man die Einzel-Komponenten im Blut bestimmt. Insbesondere bei Kreuzallergien, etwa auf Lieschgras ist die Molekulare Allergiediagnostik sehr hilfreich.

Was leistet die molekulare Allergiediagnostik bei der Diagnose einer Kreuzallergie auf Lieschgras bzw. welche Vorteile bringt sie?

Lieschgras ist das Hauptallergen bei Gräser-Allergien. Bei der Allergie auf Lieschgras gibt es zwei Allergen-Proteine, die eine große Bedeutung für Nahrungsmittel-Kreuzallergien haben, die Profiline und die Polcalcine. Wenn diese Komponenten positiv getestet werden, weiß man genau auf welches Nahrungsmittel eine allergische Reaktion erfolgen wird, weil dieses Nahrungsmittel eine ähnliche Protein-Struktur aufweist.

Auf welche Nahrungsmittel kann man eine Kreuzallergie entwickeln, wenn man eine Gräserpollenallergie auf Lieschgras hat?

Bei Lieschgras können die Patienten zum Beispiel auf folgende Nahrungsmittel oder Lebensmittel, die diese enthalten, eine Kreuzallergie entwickeln:

  • Roggen
  • Hafer
  • Kiwi
  • Pfirsich
  • Tomate
  • Zwiebel
  • Kamille

Ebenso weiß man, dass es bei einer Allergie gegen bestimmte Proteine von Hasel-, Erlen und Birkenpollen, beim Verzehr von den folgenden Nahrungsmittel zu allergischen Symptomen kommen kann:

Dann kann es zu Kreuzreaktionen kommen und damit zu einem oralen Allergiesyndrom.

Man kann aber auch ausschließlich auf ein Nahrungsmittelallergen sensibilisiert sein, ohne gleichzeitig eine Pollenallergie zu haben, auch hier lässt mit der molekularen Allergiediagnostik das auslösende Allergen genauer ermitteln.

Eignet sich die molekulare Allergiediagnostik zur Diagnose aller oder nur für bestimmte Allergien?

Die molekularen Komponenten sind noch nicht für alles beschrieben. Nicht für alle Allergien sind standardisierte Testpräparate kommerziell verfügbar. Für die wesentlichen Allergene stehen jedoch Komponenten zur Verfügung, dies sind zum Beispiel

Neue Komponenten kommen aber immer wieder hinzu und damit bieten sich neue Diagnosemöglichkeiten für die Patienten.

Zu welchem Arzt sollte man gehen, wenn man eine Diagnose durch die molekulare Allergendiagnostik durchführen lassen möchte?

Eine molekulare Allergiediagnostik sollte man bei einem Mediziner durchführen lassen, der diese Untersuchung häufig durchführt und sich damit sehr gut auskennt. In der Regel sind das Ärzte, die die Laboranlyse selbst durchführen.

Wie wirkt sich die Diagnose mit der molekularen Allergiediagnostik auf die Therapiemöglichkeiten aus?

Durch die molekulare Allergiediagnostik lässt sich wesentlich präziser ermitteln, für welche Patienten die Hyposensibilisierung, Desensibilisierung oder auch spezifische Immuntherapie (SIT), eine erfolgreiche Therapie ist. Je nach dem Verteilungsmuster der Major-Allergene und der Minor-Allergene kann man erkennen, wie gut der Patient auf die Therapie ansprechen wird.

Für welche Allergie-Patienten ist die Hyposensibilisierung geeignet?

Man weiß, dass bei Patienten mit einer Sensibilisierung auf Minor-Allergene eine Hyposensibilisierung wahrscheinlich nicht erfolgreich sein wird. Die entscheidenden Allergene sind die Major-Allergene und je höher der prozentuale Anteil der Major-Allergene an der bestehenden Sensibilisierung ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die SIT erfolgreich sein wird.

Heißt das Patienten, die das Pech haben auf Minor-Allergene sensibilisiert zu sein, können nicht hyposensibilisiert werden?

Hier gibt es leider keine Möglichkeiten. Allerdings haben diese Patienten auch eine weniger ausgeprägte Symptomatik. Patienten mit Kreuzallergien leiden unter einer wesentlich stärkeren Ausprägung der Symptome und Kreuzallergien sind auch wesentlich schwieriger zu behandeln.

Werden Patienten mit Kreuzallergien, bei denen Sensibilisierungen gegen Major-Allergene und Minor-Allergene gleichermaßen vorliegen, dann bei der Allergie-Immuntherapie mit Allergen-Mischungen therapiert, die ihrem Allergenprofil entsprechen?

Früher gab es im Markt eine Vielzahl von individuell zusammengesetzten Hyposensibilisierungslösungen. Mittlerweile hat der Gesetzgeber hier eingegriffen. Es gibt jetzt eine Therapieallergene-Verordnung (TAV), die vorsieht, dass nur noch zugelassene standardisierte Hyposensibilisierungslösungen für die spezifische Immuntherapie verwendet werden. Diese Lösungen müssen vom Paul-Ehrlich Institut (PEI), der zulassenden Behörde in Deutschland, genehmigt werden. Für diese Zulassung ist die Voraussetzung, dass Studien vorgelegt werden, die die Wirksamkeit und Sicherheit der Präparate belegen. Dies hat die Auswahl der im Markt erhältlichen Hyposensibilisierungslösungen auf unter 10 Prozent der ehemals verfügbaren Produkte dezimiert.

Wie sehen die Erfolgsquoten der Hyposensibilisierung aus, auch im Vergleich zu anderen Diagnose- bzw. Therapiemethoden?

Die Erfolgsquote für die subkutane Spezifische Immuntherapie liegt bei 85 Prozent. Dies wurde durch eine große Anzahl von Studien, auch Metastudien, die Zusammenfassung und Analyse der Daten aus mehreren Studien, belegt. Auch die Hyposensibilisierung in Tablettenform und die sublinguale Hyposensibilisierung sind wirksam. In den Studien liegen die Erfolgsraten hier jedoch sowohl in Bezug auf die Wirksamkeit als auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit deutlich unter denen der subkutanen SIT. Der Goldstandard ist hier die kosaisonale, perenniale, subkutane Immuntherapie. Das ist die ganzjährig durchgeführte Immuntherapie, die auch während des Pollenflugs weitergeführt wird. Dies insgesamt für drei Jahre, zunächst in wöchentlichem, dann in monatlichem Abstand. Hier gibt es auch eine Studie, die einen Effekt von über 16 Jahren nachgewiesen hat. Man muss das wie eine Art Impfung sehen, die man dann wieder auffrischen muss und diese Auffrischung sollte dann auch erfolgen.

Wie kann die Hyposensibilisierung bei einer Kreuzallergie helfen?

Eine Kreuzallergie bedeutet, dass man auf ein Nahrungsmittel eine allergische Reaktion zeigt, weil dessen Molekülstruktur der Struktur des Haupt-Allergens ähnelt. Das Immunsystem greift also ein Protein aus einem Nahrungsmittel an, weil es dem Haupt-Allergen, etwa der Gräserpollen, das vom Immunsystem einmal als "gefährlich" eingestuft wurde, ähnelt. Behandelt wird immer die zugrunde liegende Hauptsensibilisierung, weil sie besser behandelbar ist als die Kreuzallergie. Mit der erfolgreichen Behandlung der Hauptallergie durch eine Hyposensibilisierung gehen dann unter Umständen auch die Symptome der Kreuzallergie zurück. Bei vielen Sensibilisierungen ist das aber leider nicht möglich. Dazu gehören die Nüsse, bei denen immer noch die Vermeidungsstrategie entscheidend ist.

Herr Dr. Otterstedde, vielen Dank für das Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

22. August 2022

Autor: S. Jossé/C. Otterstedde, www.mein-allergie-portal.com

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