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Histaminintoleranz: Saft, Milchgetränke, Alkohol – was kann man trinken?

Histaminintoleranz Getränke
Ulrike Böhm, Dipl.-Ernährungswissenschaftlerin und Ernährungsberaterin VDOE, Praxis für Ernährungsberatung und –therapie in Leipzig

Was kann man trinken, wenn man Histaminintoleranz hat? Diese Frage beschäftigt viele HIT-Betroffene mindestens genau so intensiv wie die Frage nach den für sie verträglichen Nahrungsmitteln. Sind gereifte Milchprodukte verträglich? Darf man Kaffee oder Tee trinken? Wie sieht es aus mit Alkohol, wenn man histaminintolerant ist? MeinAllergiePortal sprach mit Ulrike Böhm, Dipl.-Ernährungswissenschaftlerin und Ernährungsberaterin VDOE, Praxis für Ernährungsberatung und –therapie in Leipzig, über verträgliche und unverträgliche Getränke bei Histaminintoleranz.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Ulrike Böhm 

Frau Böhm, es gibt eine ganze Reihe von Früchten und Gemüsen, die einen hohen Histamingehalt haben. Bedeutet das, dass Histaminintolerante auch die entsprechenden Säfte nicht trinken sollten?

Es gibt eine Reihe von Früchten und Gemüsen, die einen hohen Histamingehalt haben oder die die Freisetzung von körpereigenem Histamin triggern (fördern). Dazu gehören z.B. Erdbeeren, Zitrusfrüchte und Tomaten. Für Säfte aus diesen Früchten und Gemüsesorten ist davon auszugehen, dass sie bei einer Histaminintoleranz ebenfalls schlecht vertragen werden.

Zudem kommt bei Getränken hinzu, dass Flüssigkeiten generell sehr schnell aus dem Magen in den Darm weitergegeben werden, da keine Vorverdauung im Magen stattfinden muss. Für die histaminfreisetzenden Substanzen bedeutet das, dass sie im Darm schnell und in größerer Menge anfluten können. Deshalb sind auf Säfte schnellere und stärkere Reaktionen – insbesondere Bauchschmerzen und Durchfälle - zu erwarten, als auf die betreffenden Früchte oder Gemüse selbst.

Die Reaktionen auf histaminhaltige Getränke zeigen sich bei HIT also relativ schnell?

Am Darm zeigen sich Reaktionen auf histaminreiche Getränke ziemlich schnell, meist innerhalb der nächsten Stunden. Kommt es zu systemischen Reaktionen wie Kreislaufbeschwerden oder Kopfschmerzen oder ist die Haut betroffen, z.B. bei Menschen mit Neurodermitis, kann es bis zu 48 Stunden nach der Histaminaufnahme noch zu Problemen kommen.

Zurück zu den Getränken: Wie macht man histaminhaltige oder histaminfreisetzende Getränke verträglicher?

Oft schlecht bekömmlich ist es, wenn die Getränke auf nüchternen Magen oder pur und zwischendurch getrunken werden. Eine Möglichkeit z.B. Orangen- oder Tomatensaft besser zu vertragen ist, den Saft als Getränk in kleinerer Menge zu einer  Hauptmahlzeit zu trinken. Die biogenen Amine und die  histaminfreisetzenden Substanzen können sich auf diese Weise  im Speisebrei verteilen. Da der Speisebrei länger im Magen verweilt und nur in kleinen Portionen in den Darm abgegeben wird, bereiten die Getränke dann viel weniger Probleme.

Säfte nur zu größeren Mahlzeiten zu trinken, ist übrigens auch für Patienten mit Fruktosemalabsorption und für Reizdarm-Patienten empfehlenswert.

Was sollte man bei Histaminintoleranz in Bezug auf Kaffee, Tee und Softdrinks beachten?

Kaffee und Tee sind für Histaminintolerante meist gut verträglich.

Von Softdrinks rate ich Menschen mit Histaminintoleranz ab. Weniger, weil sie Histamin enthalten oder Histamin freisetzen – da ist keine Gefahr -, sondern weil der hohe Zuckergehalt der Softdrinks eine beschleunigte Magen-Darmpassage auslösen kann. Auch bei Softdrinks findet im Magen keine Vorverdauung statt – der Übergang in den Darm erfolgt also sehr schnell. So fluten große Zuckermengen im Darm an und dieser kann oft nicht angemessen damit umgehen. Für empfindliche Personen sind Getränke mit hohem Zuckergehalt deshalb schlecht verträglich.  

Zusätzlich kann es vorkommen, dass Erfrischungsgetränke mit Fruchtzucker gesüßt sind. Histaminintoleranz, insbesondere dann, wenn über den Darm reagiert wird, tritt oft gemeinsam mit einer Fruktosemalabsorption auf. Enthält die Zutatenliste eines Softdrinks Fruchtzucker, wird es dann ziemlich sicher zu Beschwerden kommen

Lightgetränke, die mit Süßstoffen wie z.B. Cyclamat oder Aspartam gesüßt sind, sind da meist  verträglicher.

Trink-Milchprodukte, wie z.B. Kefir sind fermentiert, sind solche Getränke für Histaminintolerante empfehlenswert?

Kefir ist für Histminintolerante eigentlich kein Problem. „Fermentiert“ heißt, dass eine chemische Umwandlung stattgefunden hat. Im Beispiel Kefir haben die Milchsäurebakterien den in Milch enthaltenen Milchzucker zu Milchsäure abgebaut.

Damit gehört Kefir zu den gesäuerten Milchprodukten und diese Lebensmittelgruppe wirkt in der Regel „stabilisierend“ auf den Darm. Die Milchsäure verschiebt den pH-Wert des Darmes leicht in den günstigen sauren Bereich. Darüber hinaus beeinflussen die im Kefir enthaltenen Milchsäurebakterien – auch Probiotika genannt - die Darmflora positiv, weil sie sich selbst als „gute Mikroorganismen“ im Darm ansiedeln können.

Inwiefern spielt es für Menschen mit Histaminintoleranz bei den Probiotika bzw. bei den fermentierten Milchprodukten eine Rolle, welches Produkt man zu sich nimmt, es gibt ja auch probiotischen Milchprodukte…

Bei den fermentierten Milchprodukten hat man die freie Wahl. Kefir, Joghurt oder Dickmilch, all diese Nahrungsmittel haben einen stabilisierenden Effekt auf das Mikrobiom des Darmes und die Barrierefunktion der Darmschleimhaut. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein ungesüßtes Naturprodukt oder ein Milcherzeugnis mit Fruchtzubereitung handelt. Selbst die bei einer Histaminintoleranz problematischen Früchte wie Erdbeeren können damit verträglicher werden.

Alkohol gilt als Histaminliberator, was sollten Histaminintolerante wissen?

In meiner Beratungspraxis erlebe ich, dass die Patienten häufig auf Rotwein und Sekt reagieren. Auch bunte Cocktails, insbesondere dann, wenn sie Kohlensäure enthalten, führen oft zu Beschwerden.

Viele Histaminintolerante bevorzugen Weißwein und kommen mit kleineren Mengen wie einem Glas Wein meist auch gut zurecht. Verträglich sind oft auch Bier und klare Schnäpse – eher weniger bekömmlich sind Kräuterschnäpse. Die Betroffenen sollten einfach ein wenig probieren, was für sie verträglich ist und was nicht und werden schnell merken, was ihnen gut bekommt.

Frau Böhm, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

29. Mai 2015

Autor: Sabine Jossé, www.mein-allergie-portal.com

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