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Schimmel im Neubau: Wie kommt's, wie vermeiden?

Schimmelpilzbefall Bautechnis Baumaterial
Was sind die Ursachen für Schimmel bei neuen Gebäuden und wie vermeidet man das? Bildquelle: T. Warscheid

Schimmel im Neubau ist gar nicht so selten. Wie kommt es dazu? Viele wissen nicht, dass moderne Bautechnik und neue Baumaterialen durchaus als Risikofaktoren gelten, wenn es um Schimmelpilzbefall geht. Wie kann man das vermeiden? Was Bauherren und Käufer wissen sollten, bevor sie ein Haus bauen oder einen Kaufvertrag für einen Neubau unterschreiben, besprach MeinAllergiePortal mit dem Mikrobiologen Dr. Thomas Warscheid. Er ist Vorsitzender des Netzwerks Schimmel e.V., dem interdisziplinären Netzwerk zur Problemlösung bei Schimmelpilzbewuchs in Innenräumen.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. Thomas Warscheid

Herr Dr. Warscheid, wie kommt es beim Neubau zu Schimmelpilzbefall?

Bei Neubauten besteht sehr häufig die Gefahr der Restfeuchtebelastung. Heutzutage wird oft viel zu schnell gebaut und das Risiko, dass Restfeuchte zu Schimmelpilzbefall führen kann, wird allzu oft unterschätzt.

Bei welchen Materialien, die im Neubau verwendet werden, besteht die Gefahr der Restfeuchte denn besonders?

Ein Klassiker sind Steine und Fertigteile aus Porenbeton, die ungeschützt dem Regen ausgesetzt sind und durchfeuchten. Auf einer Baustelle ist das nichts Ungewöhnliches. Steht der Rohbau, kann es so aussehen, als sei er oberflächlich trocken, obwohl der Porenbeton im Kern noch immer nass sein kann. So entsteht Schimmel im Rohbau. Wenn dann Einbauküche und Bodenbeläge eingebaut werden, kann die Feuchtigkeit hinter den Schränken nicht abtrocknen und so kann durch den Porenbeton Schimmel entstehen.

Wie hoch darf die Luftfeuchtigkeit bzw. Restfeuchte im Neubau sein und wie misst man das?

Es gibt keine Regularien zur Luftfeuchtigkeit im Neubau, denn jeder Neubau ist individuell. Die Luftfeuchtigkeit eines Baus hängt zum Beispiel von der Jahreszeit ab, je nachdem, ob im Frühjahr, Sommer, Herbst oder Winter gebaut wird. Heute wird zu jeder Jahreszeit gebaut und zur Luftfeuchtigkeit am Bau gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Natürlich gilt die Maßgabe: Je ungünstiger die Witterungsbedingungen beim Bau und je höher die Feuchte während der Bauerstellung, desto vorsichtiger muss man sein, sobald man einzieht.

Gibt es denn eine ideale Luftfeuchtigkeit am Bau?

Ideal wäre für alle Bautätigkeiten eine Luftfeuchtigkeit zwischen 60 und 65 Prozent, auch 55 Prozent wären noch o.k.. Es gibt aber, wie gesagt, bei der Luftfeuchtigkeit keinerlei Vorgaben bei der Planung. Nur für das Verlegen des Estrichs gibt es gewisse Voraussetzungen zur Restfeuchte, die eingehalten werden müssen.

Welche Vorgaben gibt es für die Feuchtigkeit bei der Verlegung von Estrich?

Voraussetzung für die Estrich-Verlegung ist die sogenannte „Belegreife“. Der Projektplaner muss die Belegreife bei der Planung berücksichtigen und gewährleisten, damit die Kacheln oder Belege nicht irgendwann „hochkommen“. Das kann passieren wenn der Belag zu früh auf noch zu nassen Estrich aufgelegt wird. Ansonsten gibt keine Vorgaben.

Was wäre denn eine sinnvolle Vorgabe, um eine zu hohe Restfeucht im Neubau zu verhindern?

Eigentlich sollte es Bautagebücher geben, in denen man festhält, welche Witterungsbedingungen während des Baus vorherrschend waren. Aber die sind nicht vorgeschrieben. Grundsätzlich sollte man immer darauf achten, dass beim Bau so wenig Wasser wie möglich eingesetzt wird. Auch sollte man das Wasser dann so schnell wie möglich wieder loswerden.

Wie kann man denn messen, wie viel Wasser noch im Bau oder Neubau steckt?

Man kann Wasser im Bau messen, aber es ist aufwändig. Ein Beispiel: Wenn Porenbeton im Rohbau im Regen stand und sehr viel Wasser abbekommen hat, saugt er sich voll. Er trocknet dann zwar von außen nach innen ab. Es kann aber sein, dass der Porenbeton innen noch einen nassen Kern hat. Den kann man nicht messen, denn wenn man mit einem normalen Feuchtigkeitsmessgerät misst, erreicht man nur die äußeren Schichten. Die Kern-Feuchtigkeit kann man mit dem Messgerät nicht erreichen. Wenn man dann die Küche einbaut und der Beton ganz langsam trocknet, je nachdem wie stark der nasse Kern ausgebildet ist, kann die neue Küche schimmeln. Deshalb muss man bei Porenbeton eigentlich bohren, um zu sehen, ob er im Kern nass oder trocken ist. Aber auch dafür gibt es keine Vorgabe und so wird dies auch nicht regelmäßig durch eine Bohrung überprüft. Mein Rat lautet deshalb: Insbesondere wenn man eine Einbauküche oder andere Einbauelemente plant, wäre es sinnvoll zwei, drei Löcher in die betreffende Wand zu bohren und zu prüfen, ob der Porenbeton in der Tiefe trocken ist. Das kann man danach auch wieder zuspachteln. 

Warum kam es früher beim Neubau nicht zu Schimmel?

In früheren Zeiten waren die Häuser, insbesondere Dachstühle, weit offener für Zugluft. Außerdem konnten sie auch noch nach der Fertigstellung des Neubaus und nach erfolgtem Innenausbau nachtrocken. Heute ist dies oft nicht mehr möglich, denn die energiesparende Dichtigkeit der Häuser ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben. So wird Restfeuchte in modernen Neubauten zu einem wesentlich größeren Problem.

Nicht immer ist der Schimmel offensichtlich, wie bemerken Bewohner neuer Gebäude, den Schimmelpilzbefall?

Bewohner von Neubauten, denen Schimmelgeruch auffällt, sollten hinter den Schränken der Einbauküche, bzw. generell hinter Schränken nachsehen, ob sich sichtbarer Schimmel gebildet hat. Auch hinter Fußleisten, hinter dem Gipsputz oder unter Paneelen sollte man sich auf die Suche nach Schimmel machen. Gerade die Fußleisten werden oft viel zu früh am Estrichrandstreifen angebracht. Im Estrichrandbereich findet der Schimmel jedoch alles was er zum Leben braucht: Unter den Fußleisten befindet sich meist Schmutz vom Bau, die Feuchtigkeit kommt von unten und Sauerstoff und Nährstoffe aus der Tapete und dem Anstrich sind auch vorhanden.

Kann auch Styropor, der zur Wärmedämmung eingesetzt wird, unter dem Estrich schimmeln?

Styropor selbst kann auf keinen Fall schimmeln. Styropor ist inert und hat keine Zusatzstoffe, die für Schimmelpilze verwertbar sind. Wenn Styropor auf einer reinen Betonplatte liegt, wird es über 2 bis 3 Jahre mit Sicherheit nicht zu Schimmel kommen, da der Beton alkalisch ist. Allerdings wird Styropor in der Regel nicht auf einer sterilen Oberfläche verlegt. So wie man das aktuell handhabt, kann es durch die Art der Styropor-Verlegung deshalb durchaus zu Schimmel kommen.

Wie kommt es bei der Verlegung von Styropor zur Wärmedämmung zu Schimmel am Bau?

Zu Schimmel kommt es bei der Wärmedämmung dann, wenn zwischen Betonsohle und Styropor eine Bitumenbahn liegt. Bitumen ist nicht alkalisch, und wenn sich dort Schmutz ansammelt und Wasser dazu kommt, kann sich Schimmel bilden.

In der Regel bringt man Styropor auf eine mehr oder weniger verschmutze und verstaubte Betonsohle, also eine Betonplatte, auf. Es gibt sogar eine DIN-Vorschrift die vorgibt, dass die Bodenplatte besenrein sein sollte, damit die Styroporplatten ebenerdig aufgelegt werden können. Aber „besenrein“ bedeutet lediglich „durchgekehrt“. Es bedeutet eben nicht, dass sämtliche Schimmelpilzsporen entfernt werden müssen. Bleiben also nach dem Kehren genug organische Materialien auf dem Boden, zum Beispiel Schmutz, Holzspäne, Erdkrümel oder sogar Blätterpartikel, ist das eine perfekte Schimmelnahrung. Sobald dieser Schmutz mit Wasser in Kontakt kommt, kann es durchaus zwischen Styropor und Betonsohle schimmeln

Wie kann man als Mieter verhindern, dass Schimmel im Neubau entsteht?

Das Einzige was man als Mieter tun kann, ist tatsächlich zu lüften. Aber: Je mehr man lüftet, um so größer ist der Energieverlust. Hinzu kommt: Leider kann man inzwischen in manchen Gebäuden gar nicht mehr richtig lüften. Oft gibt es nur noch Lüftungsanlagen, die dann aber auch richtig justiert und eingestellt werden müssen.

Ein weiterer Tipp: Oft wird empfohlen, einen Thermohydrometer aufzustellen, um zu überprüfen, ob man richtig heizt oder lüftet. Ich würde aber ein Co2-Messgerät empfehlen. Wenn die Anzeige über 1800 oder 2000 ppm geht, sollte man dringend lüften, denn ab 2000 ppm bekommt man Kopfschmerzen. Darauf zu achten, fällt vielen Menschen leichter, denn Co2 steht im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung, Feuchtigkeit aber nicht.

Worauf sollte man beim Mieten der Wohnung achten, wenn man keinen Schimmel in der Wohnung haben will?

Als Mieter sollte man immer darauf achten, dass die Wohnung keine Tapete hat, sondern nur einen Anstrich. Viele Mieter glauben, dass eine Tapete, oder noch schlimmer, das sogenannte „Malervlies“, eine Kunststofftapete, die sehr glatt aussieht, die besser Wahl wäre. Sie wollen, dass ihre Wände perfekt glatt aussehen. Allerdings ist Malervlies hochgradig empfindlich. Da kann der Mieter selbst nichts tun, außer ständig zu lüften. Ich würde Mietern deshalb immer „gestrichene“ Wohnungen empfehlen.

Man könnte natürlich versuchen, die Möbel nicht direkt an die Wand zu stellen und keine großen Schränke an den Außenwänden zu platzieren. Aber man muss die Wohnung ja auch nutzen können. Es gibt entsprechende Gerichtsurteile, die sagen, dass es Mietern nicht zuzumuten ist, die Möbel 5 bis 10 cm von der Wand entfernt aufzustellen, damit sich kein Schimmel bildet.

Bessere Optionen, Schimmel zu verhindern, gibt es für Bauherren bzw. Vermieter. Wer baut kann dafür sorgen, dass die Feuchtigkeit, die man im Bau hat, auf Baustoffe trifft, die für Schimmel nicht verwertbar sind.

Was empfehlen Sie Bauherren bzw. Vermietern, um Schimmel vorzubeugen?

Um Schimmel zu verhindern, sollten Bauherren bzw. spätere Vermieter das Haus oder die Wohnung nur gerade nur so weit dämmen lassen, wie es vorgeschrieben ist. Damit vermeidet man geometrische Wärmebrücken, in denen Feuchtigkeit entstehen kann. Grundsätzlich empfehle ich auch, die Tapete abzunehmen und die Wand mit einer Kalkglätte zu verputzen. Dann hat man als Mieter längerfristig Ruhe und der Bauherr oder Vermieter hat seine Wohnung sogar noch aufgewertet. Es gibt übrigens Wohnungsbaugesellschaften, die schon lange keine Tapete mehr verwenden und mit silikatischen Farben streichen. Andere Bauunternehmen wiederum machen das nicht, da manche Mieter es als Qualitätsmangel beurteilen, wenn die Wände „nur“ gestrichen sind.

Wichtig ist vor allem als Vermieter bei Schimmelproblemen nicht einfach nur zu sagen, dass schlecht gelüftet wurde. Schließlich sind inzwischen die meisten Bewohner einer Mietwohnung auch ganztägig berufstätig, so dass es schwierig ist, dreimal am Tag zu lüften.

Gibt es eigentlich auch Schimmelprobleme in Bürogebäuden?

Die meisten Bürogebäude heute bestehen nur noch aus Beton, Glass und Metall. Dann gibt es eine Lüftungsanlage, die die Feuchtigkeit regeln soll. Das funktioniert allerdings nicht immer. Mein Credo ist deshalb, auch in Büros Oberflächen zu schaffen, die Feuchtigkeit aufnehmen. Ansonsten wird das Problem einer erhöhten Feuchtigkeit und Schimmel in Büroräumen zukünftig zunehmen. Auch dadurch, dass Gebäude jetzt nur noch mit null CO2 Emissionen gebaut werden sollen, wird das Schimmelproblem zunehmen.

Mit welchen Baustoffen kann man Schimmel schon beim Bauen verhindern?

Bauherren sollten nach Möglichkeit Baustoffe verwenden, die:

  • mineralisch sind
  • wenig organisch sind
  • Diffusions-offen sind
  • Absorptions-fähig sind

Das bedeutet man muss Baumaterialien verwenden, die auch mal Feuchte aufnehmen können, ohne dass es gleich schimmelt. Bei modernen Bauten im unteren Preissegment ist das heutzutage in der Regel aber nicht der Fall.

Was macht moderne Bauten bzw. Neubauten anfällig für Schimmelbefall?

Moderne Bauten sind klassisch aufgebaut:

  • Gipsputz
  • Kleister
  • Tapete oder Dispersionsfarbe

Der Gipsputz ist zwar mineralisch, aber er zieht das Wasser an, gibt es ganz schlecht wieder ab, fault und es kann sich Schimmel bilden. Auch der Kleber und die Tapete sind anfällig für Schimmel. Schließlich ist auch die Dispersionsfarbe nach einem gewissen Zeitraum schimmelanfällig. Dispersionsfarbe enthält eine sogenannte „Topf-Konservierung“, damit die Farbe im Baumarkt nicht schimmelt. Aber dieser kleine Biozid Anteil hat später an der Wand keine Schimmel verhindernde Wirkung mehr.

Zurück zum Bau: Teil des Schimmel-Problems ist also die knappe Zeitplanung am Bau?

Das Problem sind die engen Zeitfenster und der Trend zu immer kürzeren Bauzeiten. Sinnvollerweise sollte der Bauunternehmer deshalb immer dafür Sorge tragen, dass die Einbauten wirklich erst dann erfolgen, wenn der Bau durch und durch trocken ist.

Ein Problem sind dabei jedoch die Bauverträge. Sie verpflichten den Bauunternehmer unter Androhung von Konventionalstrafen zu einer termingerechten Fertigstellung des Rohbaus. So bleibt oft keine Zeit für eine eigentlich sinnvolle ausreichende Auslüftung der Gebäude. Darüber hinaus spielt auch die Baustellenhygiene eine Rolle. Eine sauber geführte Baustelle ist vielleicht etwas teurer und zeitintensiver, senkt aber das Risiko für Bauschäden wie Schimmel.

Welche Trockenzeit zur Vermeidung von Schimmelpilzbewuchs ist denn bei Rohbauten angemessen?

Das kommt auf den Bau an bzw. auf die Restfeuchte und kann am besten vom Bauunternehmer selbst beurteilt werden. Dieser sollte es offen kommunizieren, wenn es zu früh ist, mit dem Innenausbau zu beginnen. Es ist ja nicht die Schuld des Bauunternehmers, wenn der Bau durch eine feuchte Wetterlage nicht ausreichend abgetrocknet ist. Der Bauunternehmer hat aber auch eine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Bauherrn und sollte einen zu frühen Innenausbau verhindern. Gegebenenfalls muss der Bauunternehmer einen Bautrockner zu Rate ziehen und eventuell Kondenstrockner einsetzten, bis ein Innenausbau sinnvoll ist.

Was kann man während des Baus tun, um Schimmel zu verhindern?

Um Schimmel am Bau zu verhindern, sollte der Bauunternehmer während der Bauzeit die Einstiegsluke zum Dachstuhl des Neubaus abkleben. Dann kann die Feuchte im Haus nicht in den Dachstuhl eindringen. Tut man dies nicht und der Dachstuhl steht offen, kann der Dachstuhl verschimmeln, nachdem man Estrich eingebracht und die Wände verputzt hat.  Früher war ein Dachstuhl immer luftig, aber heute ist dies nicht mehr der Fall. Dringt kalte, feuchte Luft während der Bauzeit durch die Dachluke ein, entsteht schnell Schimmel.

Welche Rolle spielen die eingesetzten Baumaterialien für das Schimmelrisiko?

Ein weiteres Risikopotenzial für Schimmelpilzbefall in Neubauten entsteht durch den Einsatz neuer mikrobiell anfälligerer Baustoffe und Beschichtungen. Organische bzw. polymer-vergütete Materialien sind zwar durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), die Zulassungsstelle für Baustoffe, bauaufsichtlich zugelassen. Aber: Bei der Zulassung sieht der Gesetzgeber eine explizite mikrobiologische Prüfung der betreffenden Baustoffe gar nicht vor. Ein Beispiel dafür sind Teerbitumenbahnen.

Warum sind Teerbitumenbahnen anfällig für Schimmel?

Das Schimmel-Problem kommt nicht von den Teerbitumenbahnen. Vielmehr werden klassische Teerbitumenbahnen heutzutage gerne durch vermeintlich schadstofffreiere rapsölbasierte Bitumenschichten ersetzt. Wenn das Rapsöl jedoch mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt, kann es zu Schimmelbildung kommen. Ein Bauunternehmer, der diese Materialen einsetzt, läuft damit unter Umständen schuldlos Gefahr, für die Sanierung des verschimmelten Kellers in Haftung genommen zu werden. Aber auch bituminierte Hanffasern können am Bau Schimmel auslösen.

Warum kommt es am Bau durch bituminierte Hanffasern zu Schimmel?

Am Bau gibt es Ausgleichschüttungen aus bituminierten Hanffasern. Diese kommen zum Beispiel beim Einbau von Fußbodenheizungen als Füllstoffe zum Einsatz. Dahinter steckt natürlich der Wunsch nach einer ökologischen Bauweise. Aber die Hanffasern sind hochgradig schimmelanfällig, wenn sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommen. Auch bei der Wärmedämmung älterer Bauten zum Einsparen von Energiekosten kann es zur Schimmelpilzbildung kommen.

Wer haftet für den Schaden durch Schimmelpilz im Neubau?

Die Frage nach der Haftung ist auch immer eine Frage nach dem Verursacher für den Schimmelbefall am Bau. Ist wirklich der Bauunternehmer schuld am Schimmelbefall oder ein Subunternehmer, oder der Bauherr selbst? Ein Beispiel: Der Bauunternehmer klebt extra den Dachstuhl ab, bevor der Estrich gelegt und der Putz angebracht wird. Damit soll verhindert werden, dass die dabei entstehende Feuchtigkeit in den Dachstuhl zieht und die Holzbalken zum Verschimmeln bringt. Wenn der Bauherr dann aber eine Satellitenanlage installieren lässt und dabei die Folie kaputtgeht, dann ist er dafür verantwortlich. Mieter brauchen in solchen Fällen einen Sachverständigen, um herauszufinden, wer verantwortlich ist. 

Wie können sich Schimmelpilze auf die Gesundheit auswirken?

Schimmelpilzbewuchs hat im Innenraum nichts zu suchen. Das ist ganz klar. Es gibt allerdings keinen Nachweis einer Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen Schimmelbefall und Erkrankungen. Es gibt auch keinen Beleg für durch Schimmel ausgelöste Krankheiten. Schwerere Erkrankungen, die im Zusammenhang mit dem Schimmelpilz stehen, werden von der Leitlinie weitestgehend ausgeschlossen. Dafür gibt es keine Beweise.

Die Wirkung der Schimmelpilze auf das Immunsystem ist aber bekannt. Schimmelpilze sind zwar einerseits ein natürlicher Teil der Umgebung. Andererseits kann die Schimmelpilzbelastung aber auch zu groß werden. Wenn man bereits vorerkrankt ist, oder Allergiker ist, dann kann der Schimmelpilz negative Auswirkungen haben. Da kann es dann auch zu einer allergischen Reaktion kommen. Allerdings sagen auch die Umweltmediziner, dass Hausstaub die gleiche Wirkung hat wie der Schimmelpilz. Wenn man allerdings Asthma bronchiale hat, dann kann der Schimmel dies verstärken. Es gibt auch Menschen, die atypisch auf Schimmel reagieren, aber das ist eher selten. Das sollte man natürlich ernst nehmen. Allerdings kann man nicht jede Erkrankung mit dem Schimmelpilz in Verbindung bringen.  

Was ist denn dann bei Schimmel im Innenraum besser, alles rausreißen und ersetzen?

Nicht zwangsläufig muss man alles neu machen lassen, wenn man Schimmel in der Wohnung entdeckt. Das ist mittlerweile sogar nicht mehr grundsätzlich erlaubt, denn es gibt inzwischen ein Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz dient dazu, zu hinterfragen, ob zum Beispiel der Austausch des gesamten Estrichs, nur wegen Schimmelbefall, nötig ist. Man sollte deshalb vermeiden, mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz in Konflikt zu kommen und nicht unbedacht und übertrieben handeln. Schließlich setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass Baustoffe und Energie nicht mehr grenzenlos zur Verfügung stehen. Wir müssen im guten Sinne sparen und reparieren lernen, deshalb gehöre ich auch der Repair-Bewegungen an.

Wie kommt es durch den Einbau von Wärmedämmung bei älteren Gebäuden zu Schimmelbefall?

Wenn die Dämmung nicht fachgerecht angebracht wird, kann das auch bei älteren Bauten Schimmel auslösen. Wichtig ist es, dazu eine Fachfirma zu beauftragen, die sich mit der Materie auskennt. Ein WDV-System, ein Wärmedämmung Verbund System, muss gut geplant und ordnungsgemäß umgesetzt werden, um effektiv zu sein und keine Folgeschäden zu verursachen. Ein WDV-System zu installieren ist teuer, insbesondere auch dann, wenn an Stelle von Styropor Mineralwolle verwendet wird, die deutlich hochwertiger und brandsicherer ist.

Was sollten Hauskaufinteressenten für ältere Häuser im Hinblick auf Schimmelpilzbefall beachten?

Grundsätzlich gilt: Wenn es sich nicht um einen Neubau handelt, dann ist ein Haus in dem es ein wenig „zieht“ im Hinblick auf die Schimmelprävention nicht das Schlechteste, auch wenn dies energetisch als Problem gesehen wird! Ich empfehle allen Kaufinteressenten den Verkäufer direkt zu fragen, ob es in dem Objekt jemals einen Schimmelpilzbefall gegeben hat und dies sogar in den Miet- oder Kaufvertrag aufnehmen zu lassen. Besteht eine nachweisliche Schimmelpilzallergie sollte man dies ebenfalls kundtun. Bekommt man daraufhin ausweichende Antworten, sollte man vorsichtig sein. Immobilienkäufe kann man sogar rückabwickeln, wenn sich herausstellt, dass der Verkäufer einen Schimmelpilzbefall verschwiegen hat.

Welche Rolle spielt die politische Weichenstellung für die Schimmelpilz-Probleme in Gebäuden?

Die politische Weichenstellung hat durchaus einen Anteil an der Schimmelpilzproblematik. Im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen und geförderten energetischen Sanierung verändert sich das Innenraumklima von Gebäuden. So werden Materialien, die bisher problemlos verbaut werden konnten, in sanierten Gebäuden plötzlich zum Schimmelpilz-Risikofaktor.

Wie können Bauherrn oder Menschen, die ihr Haus sanieren wollen, denn erkennen, dass die Materialien anfällig für Schimmel sind?

Eigentlich müsste die Bundesanstalt für Materialforschung alle Baustoffe bezüglich ihrer mikrobiellen Anfälligkeit indexieren. Das bedeutet, bei den Baustoffen müsste für Bauherren und Handwerker – am besten durch eine Art „Ampellösung“ - klar erkennbar sein, ob sie mikrobiell anfällig, neutral, oder unempfindlich sind. Dann wüsste man genau, welche Materialien sich für den Einsatz in sanierten Gebäuden eignen und welche nicht.

Dies hätte allerdings zur Folge, dass bestimmte Baustoffe negativ bewertet würden, nicht weil sie per se schlecht sind, sondern weil sie mit den modernen sanierten Wohnräumen nicht mehr harmonieren und dort nicht mehr ordnungsgemäß eingesetzt werden können. Für die Hersteller wäre das natürlich bitter. Ich kann den Bauherrn oder allen, die ihre Wohnungen und Häuser sanieren wollen, deshalb nur empfehlen, sich vorher zu erkundigen, welche Materialien geeignet sind und welche nicht.

Was kann man tun, wenn man Schimmelpilz in der Wohnung oder im Haus entdeckt?

Wenn man tatsächlich Schimmel hat, lautet meine Empfehlung, sich einen Raumluftfilter mit HEPA-Filter zuzulegen. Das ist eine Art „Luftwäscher“, der in der Lage ist, Schimmelsporen aus der Luft herauszufiltern. Meist haben Allergiker bereits ein solches Gerät, denn es kann bei Pollenallergien, Hausstaubmilbenallergien und Tierhaarallergien helfen. Wir empfehlen diese Luftfiltergeräte auch, wenn der Schaden eingetreten ist, da die Betroffenen ja nicht immer direkt ins Hotel ziehen können. Dann klebt man den Schimmel zunächst einmal ab und stellt einen Luftwäscher auf und kann sich dann das weitere Vorgehen überlegen. Das Wichtige ist, dass man mit gesundem Menschenverstand herangeht und schrittweise vorgeht.

Wie geht man konkret schrittweise vor, um Schimmel in der Wohnung zu beseitigen?

Wichtig ist es, dass man erst einmal überlegt, bevor man handelt. 

Um der Ursache für den Schimmel auf die Spur zu kommen, stellt man am besten diese Fragen:

  • Wann ist der Schimmel aufgetreten?
  • Hat es Änderungen im eigenen Verhalten gegeben?
  • Wurden bauliche Maßnahmen durchgeführt, wie beispielsweise Fenster ausgetauscht?
  • Wird regelmäßig gelüftet?
  • Hat sich etwas an der Luftbewegung im Haus geändert?

Durch Luftbewegung im Haus kann man den Schimmel vermeiden. Dann kann man trotz hoher Luftfeuchtigkeit Schimmel verhindern, da die Luft viel bewegt wird. Mit Luftbewegung ist allerdings nicht eine Klimaanlage gemeint. Vielmehr geht es darum, durch das Öffnen von Türen oder Fenstern dafür zu sorgen, dass ein steter Luftstrom die Feuchtigkeit „quasi „wegpustet“ und die Oberflächen trocknet. Wenn man das regelmäßig und intelligent macht, kann man selbst in relativ feuchten Räumlichkeiten durchaus ohne Schimmel leben. Und wenn man dann noch die richtigen Baustoffe verwendet hat, kann nichts passieren. 

Wann ist es nötig die Schimmelart zu bestimmen? 

Manchmal ist es notwendig, die Art des Schimmels zu bestimmen. Zum Beispiel im Krankheitsfall oder bei Versicherungsfragen. Bei bestimmten Schimmelpilzarten gibt es tatsächlich keine andere Möglichkeit, als den Estrich komplett zu entfernen.

Herr Dr. Warscheid, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

07. Juni 2022

Autor: Sabine Jossé, T. Warscheid, www.mein-allergie-portal.com

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