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Vocal Cord Dysfunction oder Asthma? Symptome & Therapie!

Vocal Cord Dysfunction Asthma Symptome  Therapie
Vocal Cord Dysfunction oder Asthma? Symptome & Therapie!, Bildquelle: J. Schulze

Bei einer Vocal Cord Dysfunction (VCD) sind die Symptome auf den ersten Blick ähnlich wie bei Asthma. In beiden Fällen bleibt den Patienten "die Luft weg". Es handelt sich jedoch um völlig unterschiedliche Krankheitsbilder und die Therapie unterscheidet sich deutlich. MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. Johannes Schulze, Oberarzt und Leiter Bronchoskopie, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitäts-Klinikum Frankfurt der Goethe Universität.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Prof. Dr. med. Johannes Schulze

Herr Prof. Schulze, wie häufig ist die Erkrankung Vocal Cord Dysfunction?

VCD ist eine Krankheit, die extrem selten ist. In unserer Sprechstunde hatten wir in den letzten zwei Jahren ca. 1.500 jugendliche Patienten, die sich wegen Asthma bzw. Atembeschwerden vorstellen. Maximal 1 Prozent davon litt unter VCD.

Tritt die VCD öfter bei Frauen oder bei Männern auf, woran kann das liegen?

Diese Frage haben wir uns auch im Rahmen unserer Studie1) an jugendlichen VCD-Patienten gestellt. Wir hatten fast 30 weibliche und 3 männliche Patienteneingeschlossen und dieses Verhältnis von 10:1 scheint auch die Realität abzubilden. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ergebnisse einer anderen Studie3) zur Lebensqualität bei VCD-Patienten, die wir anhand von Fragebögen durchgeführt haben. Dort zeigte sich, dass viele Patientinnen mit VCD häufiger an internalen Auffälligkeiten wie sozialem Rückzug, körperlichen Beschwerden, Angst, Depressivität etc. leiden, während die männlichen Patienten eher externale Faktoren wie Aggressivität aufwiesen. Möglicherweise gibt es hier Zusammenhänge. Allerdings könnten auch anatomische Ursachen eine Rolle spielen. Auch beim Krankheitsbild EILO, der Exercise-induced Laryngeal Obstruction, sind häufiger junge Frauen als Männer betroffen, und hier ist die Belastung der Auslöser. Das Knorpel- und Bindegewebe des Kehlkopfes könnten bei Frauen hormonell bedingt weicher sein.

Was genau ist eine Vocal Cord Dysfunction (VCD)?

Bei einer Vocal Cord Dysfunktion (VCD) handelt es sich um eine Fehlfunktion der Stimmbänder. Der englische Begriff für „Stimmbänder" ist "Vocal Cords", „Fehlfunktion“ übersetzt sich mit „Dysfunktion“, daher der Name. Durch bestimmte Auslöser kommt es dazu, dass sich die Stimmbänder bei der Atmung verengen und aneinanderlegen. Es kommt zu einer Art „Stimmband-Krampf“. Dies kann bei der Einatmung, der Ausatmung oder der Ein- und Ausatmung passieren. Am häufigsten passiert es bei der Einatmung.

Wo befinden sich die Stimmbänder?

Die Stimmbänder befinden sich an den Stimmlippen in der Mitte des Kehlkopfes. Der stimmbildende Apparat, die Glottis, besteht aus den dazu gehörigen Stellknorpeln und der Stimmritze, der Spalt zwischen den Stimmlippen.

Was bedeutet das konkret "die Stimmbänder verengen sich“ bei der VCD und „legen sich aneinander"?

In der Ruheatmung befinden sich die Stimmbänder normalerweise in einer Mittelstellung. Sie sind dann "halb geöffnet". Bei tiefen Atemzügen, wie bei körperlicher Belastung, gehen die Stimmbänder normalerweise sehr weit auseinander. Bei der VCD, einer Fehlfunktion der Stimmbänder, verschließen sich die Stimmbänder hingegen bis auf einen kleinen Spalt. Dies gilt sowohl für die Ruheatmung als auch für die tiefen Atemzüge. Die Patienten bekommen dann keine Luft mehr.

Man hört im Zusammenhang mit „Vocal Cord Dysfunction“ auch Begriffe wie „Vocal Cord Syndrom“, „Kehlkopf-Asthma“, „Kehlkopf-Krampf“ und „Stimmband-Krampf“, was ist der Unterschied?

„Kehlkopf-Asthma“, „Kehlkopf-Krampf“ oder „Stimmband-Krampf“ sind Synonyme für die VCD. Es handelt sich also immer um die „Vocal Cord Dysfunction“ (VCD).

Sie erwähnten auch eine Erkrankung namens EILO, was ist damit gemeint?.

EILO steht für Exercise-induced Laryngeal Obstruction, auf deutsch: „anstrengungsbedingte Verengung des Kehlkopfes“ und ist eine eigenständige Erkrankung. Betroffen sind, wie gesagt, überwiegend junge Frauen, aber auch Männer. Die EILO ist oft mit intensiver sportlicher Betätigung verbunden. Das können intensive Laufsportarten wie Leichtathletik, Triathlon, Fußball und Hockey sein. Auch beim Rudern, Schwimmen und anderen Mannschaftssportarten haben wir EILO beobachtet. Bestehen beim Patienten entweder weiche Stellknorpel oder eine überschießende Schleimhaut der Stellknorpel, kann es zu Problemen kommen. Mit zunehmender Belastung legt sich diese Schleimhaut vor die Glottis oder die Knorpel kollabieren vor die Glottis. Zur Erklärung: Man unterscheidet bei der EILO zwischen der supraglottischer Ebene (Stellknorpel) und der glottischen Ebene. In der Regel ist es so, dass die Verengung zuerst supraglottisch beginnt und dann in der Folge zu einer Verengung der der Glottis übergeht.

Weiß man bei der Exercise-induced Laryngeal Obstruction, warum überwiegend Frauen erkranken?

Dass überwiegend Frauen betroffen sind, kann auch wiederum anatomisch bedingt sein: Frauen sind durch die Hormone beweglicher, was durchaus wichtig für die Schwangerschaft und die Geburt ist. Durch die hormonellen Unterschiede sind aber möglicherweise auch die Knorpel und das Bindegewebe beweglicher, was zu einer EILO führen kann, ähnlich wie bei der VCD.

Wie sieht die Behandlung der EILO aus?

EILO-Patienten sollten möglichst intensive Spitzenbelastungen vermeiden oder dabei zumindest Pausen einlegen, sobald die Atemnot auftritt. In seltenen Fällen kann die EILO auch operiert werden. Das wird durch eine Laserung (Supraglottoplastik) in einem darauf spezialisierten Zentrum durchgeführt.

Was ist der Unterschied zwischen VCD und EILO?

Der Unterschied zur VCD ist, dass die EILO an die Belastung gebunden ist und auch die erwähnte supraglottische Komponente hinzukommt. Eine VCD kann zwar auch durch körperliche Belastung ausgelöst werden, aber die findet nur auf Stimmbandebene statt. Darüber hinaus kann die VCD auch von anderen Triggern ausgelöst werden.

Es handelt sich bei der Vocal Cord Dysfunction und der Exercise-induced Laryngeal Obstruction also ganz klar um unterschiedliche Krankheitsbilder. Es gibt auch nicht so selten Kombinationen von beidem.

Tritt VCD in Kombination mit anderen Erkrankungen oder als einzelne Erkrankung auf?

Beides ist möglich. VCD kann einerseits rein isoliert auftreten, aber auch in Kombination mit Asthma bzw. als Folge anderer Erkrankungen.

Was sind die Auslöser einer Vocal Cord Dysfunction?

Die Auslöser der Vocal Cord Dysfunction sind, abhängig vom Alter, sehr unterschiedlich. Bei Jugendlichen kommt es häufig durch körperliche Belastung, zum Beispiel in stickigen Turnhallen, zu einem VCD-Anfall.

Bei älteren Patienten können auch andere Trigger oder Auslöser bei einer Vocal Cord Dysfunction eine Rolle spielen, zum Beispiel:

Wie kommt es durch eine chronische Entzündung der Nasenschleimhäute oder der Nasennebenhöhlen zu einer Vocal Cord Dysfunction?

Durch die chronische Entzündung kann es zu einem sogenannten Postnasal-Drip-Syndrom kommen. Dann läuft immer wieder Sekret aus den Nebenhöhlen in den Rachenraum hinein und löst eine Entzündung sowie eine Empfindlichkeit des Kehlkopfes aus.

Was ist ein Postnasal-Drip-Syndrom bzw. was ist die Ursache?

Manchmal verursachen große Nasenpolypen eine Vocal Cord Dysfunction. Manche Kinder und Erwachsene haben vergrößerte Adenoide, vergrößerte Polypen oder eine chronische Rhinitis mit chronischer Nasenschleimhautentzündung. Dann kann es sein, dass durch diese chronische Rhinitis oder auch Sinusitis immer wieder Sekret in den Rachenbereich läuft. Das liegt daran, dass wir zwar die Nase „nach vorne“ schnäuzen, aber die natürliche Flussrichtung des Nasensekretes ist Richtung Rachen, also nach hinten. Es kommt also zu einem Postnasal-Drip. Durch den Kontakt des entzündlichen Sekrets mit dem Kehlkopf kann es dann zu einer Entzündung des Kehlkopfes kommen. Reflektorisch, also durch den Reflex bedingt, führt dies zu einer Verengung der Stimmbänder. Das gleiche gilt übrigens auch für den Reflux.

Warum kommt es durch Reflux zu einer Vocal Cord Dysfunction?

Bei Reflux kann die Magensäure in der Speiseröhre bis zum Kehlkopf hochsteigen. Dadurch kommt es zu einer Entzündung und zum reflektorischen Verschluss des Kehlkopfes, was wiederum eine VCD „bahnen“ kann.

Gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Asthma und einer Vocal Cord Dysfunction?

Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Asthma und VCD gibt es nicht, aber man kann manchmal an beiden Erkrankungen leiden. Diese Kombination macht die Diagnose schwieriger, da die Symptome für beide Erkrankungen sehr ähnlich sind. Zudem ist die Behandlung beider Erkrankungen unterschiedlich. Aber: Eine Besserung der einen Krankheit führt nicht zu einer Besserung der anderen. Wichtig ist es, an die VCD zu denken, wenn die Asthmasymptome sich durch die Asthmatherapie nicht verbessern.

Spielen bei der Vocal Cord Dysfunction auch Allergene als Auslöser eine Rolle?

Nein, einen direkten Zusammenhang zwischen Allergenen und der Vocal Cord Dysfunction konnte man bisher nicht feststellen. Das hat sich auch in unseren eigenen Untersuchungen gezeigt.1 Aber auch in anderen Studien findet man keinen Kommentar zu einem Zusammenhang zwischen VCD und Allergenen.

Eine Allergie kann jedoch der Auslöser der Chronischen Rhinitis, der Chronischen Sinusitis oder des Asthmas sein und wäre damit indirekt der Auslöser einer VCD.

Eine Allergiediagnostik ist im Zusammenhang mit der Vocal Cord Dysfunction deshalb grundsätzlich sinnvoll.

Wie sehen die Symptome bei der Vocal Cord Dysfunction aus?

Ein typisches Symptom bei der Stimmbanddysfunktion ist eine anfallsartige Atemnot, die relativ plötzlich einsetzt und ebenso schnell wieder verschwindet. Da sich bei der VCD die Stimmbänder am häufigsten bei der Einatmung verschließen, geht die Atemnot mit einem pfeifenden Geräusch beim Einatmen einher und wird auf den Kehlkopfbereich lokalisiert. Hinzu kommt bei einem VCD-Anfall, dass die Patienten oft kaum noch sprechen können. Die Patienten empfinden diese Anfälle als sehr dramatisch und bedrohlich. Bei Jugendlichen kann es insbesondere bei körperlicher Belastung zu VCD-Symptomen kommen, bei Erwachsenen auch durch die erwähnten anderen Auslöser.

Wie unterscheiden sich sehen die Symptome bei der Vocal Cord Dysfunction von Asthmasymptomen?

Während sich die Symptome der Vocal Cord Dysfunction im Bereich des Kehlkopfs manifestieren, spürt der Asthmatiker die Atemnot mehr im Bereich des Brustkorbes. Ein weiterer Unterschied ist, dass bei VCD-Patienten das Pfeifgeräusch beim Einatmen auftritt, beim Asthmatiker jedoch in der Regel beim Ausatmen. Ebenso ist das anfallartige Auftreten der Vocal Cord Dysfunction ein entscheidender Unterschied zur Symptomatik beim Asthma. Beim Anstrengungsasthma entwickelt sich die Atemnot eher langsam nach ca. 6 bis 7 Minuten körperlicher Anstrengung und lässt dann auch langsamer wieder nach.

Wie lange dauert so ein VCD-Anfall?

Ein Stimmband-Krampf kann wenige Minuten oder auch zwei Stunden dauern. Es gibt aber auch Patienten, die unter einer chronischen leichten Verengung der Stimmbänder leiden. Das bedeutet, die Stimmbänder sind dann immer leicht verengt.

Wie häufig hat man einen Anfall oder Stimmband-Krampf, wenn man unter einer Vocal Cord Dysfunction leidet?

Die Häufigkeit der Anfälle hängt bei der Vocal Cord Dysfunction vom Auslöser ab. Das kann bei jeder Sportstunde der Fall sein oder immer dann, wenn ein bestimmter Geruch auftritt, der als Trigger fungiert. Jeder Patient mit Vocal Cord Dysfunction hat seinen persönlichen Trigger und dieser löst dann die Anfälle aus.

Kann man an einem Vocal Cord Dsyfunction Anfall auch ersticken?

Nein, ein Ersticken ist beim Stimmbandkrampf nicht möglich, die Stimmbänder öffnen sich rechtzeitig wieder. Zwar wird die Situation von den Patienten selbst und von den Menschen in ihrer Umgebung als sehr beängstigend empfunden, aber gefährlich ist die Vocal Cord Dysfunction nicht.

Welche Rolle spielen psychische Komponenten bei der Vocal Cord Dysfunction?

Wir haben die psychische Komponente bei der Vocal Cord Dysfunction bei unseren Patienten sehr genau mit Hilfe eines standardisierten Verhaltensfragebogens untersucht. Dabei haben wir festgestellt, dass ca. 20 Prozent unserer Patienten mit einer Vocal Cord Dysfunction einen auffälligen Fragebogen haben.

Die Patienten gaben an, unter Verhaltensmustern zu leiden, wie zum Beilspiel:3

  • sozialem Rückzug
  • Schüchternheit
  • Verschlossenheit
  • Traurigkeit
  • Verstimmtheit
  • Ängstlichkeit
  • Nervosität
  • Einsamkeit
  • Sozialer Ablehnung
  • Minderwertigkeitsgefühlen
  • Trauriger Verstimmung
  • Depressivität

Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Patienten psychisch erkrankt sind. Erst wenn sich sehr deutliche Symptome zeigen, sollte man weitere therapeutische Maßnahmen ergreifen, wie. Das könnte eine Familientherapie oder eine Exploration sein. Eine Exploration ist ein Gespräch zur Ergründung der Ursachen dieser Verhaltensmuster.

Kann ein Kehlkopfkrampf, auch bekannt unter Stimmritzenkrampf, psychisch ausgelöst werden?

Grundsätzlich kann ein Kehlkopfkrampf oder Stimmritzenkrampf auch durch Belastungssituationen ausgelöst werden. Häufig kommen jedoch noch weitere Faktoren, wie zum Beispiel muffige Luft in der Turnhalle oder eine große Menschenansammlung hinzu.

Bei chronischen Erkrankungen sind psychische Probleme häufig eine Folge der Erkrankung. Ist dies bei der Vocal Cord Dysfunction auch der Fall?

In unseren Untersuchungen haben wir nicht ermittelt, ob sich die psychischen Probleme als Folge der VCD entwickeln. Dies wäre durchaus plausibel, da die Erkrankung mit Gefühlen von Bedrohung und Angst einhergeht. Es könnte aber auch sein, dass eine ängstliche Persönlichkeit die Entwicklung der VCD begünstigt.

Eine Untersuchung aus Denver legt diese Vermutung nahe, aber diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt.

Die Symptome von Vocal Cord Dysfunction und Asthma ähneln einander, wie geht man bei der Diagnose vor?

Erste Hinweise auf eine mögliche Vocal Cord Dysfunction findet man oft bereits in der Anamnese. Typisch für VCD sind die anfallsweise Atemnot und die Lokalisierung der Beschwerden im Kehlkopfbereich. Zur Diagnostik gehört bei uns jedoch auch immer eine Laryngoskopie, das ist eine Spiegelung des Kehlkopfes. Da die Patienten sich bei der Untersuchung im Ruhezustand befinden, sieht man bei der Spiegelung in der Regel eine normale Kehlkopffunktion. Deshalb versuchen wir, entweder durch eine Laufbelastung oder durch einen Methacholintest, einen VCD-Anfall auszulösen. Danach führen wir erneut eine Laryngoskopie durch. Mit dem Einsatz des Methacholintests zur VCR-Diagnose haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, aber wenn der spezifische Auslöser der Anfälle bekannt ist, z.B. Parfüms, Zigarettenrauch etc., kann man auch direkt mit diesen Auslösern provozieren. Manchmal findet man durch die Laryngoskopie auch anatomische Veränderungen, wie etwa Verengungen des Kehlkopfes oder der Stimmbänder vor, die dann operativ zu beheben sind.

Wie therapiert man die Vocal Cord Dysfunction?

Das Wichtigste bei der Vocal Cord Dysfunction ist eine frühe Diagnose und eine rechtzeitige Behandlung. Gerade dann, wenn man die VCD im Anfangsstadium behandeln kann, besteht eine sehr gute Chance, dass sie sich wieder verliert. Problematisch ist es dann, wenn die Vocal Cord Dysfunction nicht als solche erkannt wird und der Patient stattdessen auf "schweres Asthma" behandelt wird. Wenn man versucht, die VCD mit den entsprechenden Asthmatherapien zu bekämpfen, auch unter Einsatz von Kortison, wird man damit nicht erfolgreich sein. Patienten mit Vocal Cord Dysfunction sprechen auf eine Asthmatherapie nicht an, die VCD bleibt quasi "unbehandelt" und kann sich chronifizieren. Hilfreich für unsere Patienten und fast schon Teil der Therapie ist die Diagnose selbst.

Warum ist bei der Vocal Cord Dysfunction die Diagnose schon Teil der Therapie?

Bei einer Laryngoskopie mit Videountersuchung können die Patienten die Untersuchung zum einen unmittelbar miterleben oder auch im nachhinein anschauen. Das ist eine sehr große Hilfe für die Patienten, denn sie sehen, was genau bei einem VCD-Anfall passiert und verlieren so die Angst vor dem Anfall. Die Patienten wissen dann, dass das Zusammengehen der Stimmbänder der Auslöser für ihre Probleme ist und dass sie aktiv gegensteuern können.

Ansonsten richtet sich die Therapie der VCD nach der Ursache der Erkrankung. Liegt eine chronische Rhinitis oder eine Chronische Sinusitis und kommt es zu einem Postnasal-Drip-Syndrom, das die Vocal Cord Dysfunction auslöst, wird man die Grunderkrankung behandeln. Das gleich gilt für den gastroösophagealen Reflux.

Und wenn es keine Erkrankung gibt, die Ursache der VCD sein könnte?

Findet man keine Grunderkrankung, wird man zur Therapie der Vocal Cord Dysfunction eine Kombination von Entspannungsverfahren einsetzen. Diese sollten sich insbesondere auf den Bereich des Kehlkopfes, des Halses, der Schultern und des Brustkorbes konzentrieren. Am besten werden sie in Zusammenarbeit mit einem Sprachtherapeuten durchgeführt, denn die Logopädie kann VCD-Patienten helfen. Durch die Entspannungsübungen und die richtige Atemtechnik werden zum einen neue Anfälle verhindert. Zum anderen wissen die Patienten im Falle eines erneuten Anfalls dann genau, was sie tun können, um die Anspannung zu lösen und den Anfall zum Abklingen zu bringen. Wenn diese Maßnahmen nicht greifen und dies ist bei ca. 10 bis 15 Prozent der Patienten der Fall, würde man als nächsten Schritt eine Gesprächs- oder Familientherapie in Erwägung ziehen, um eventuellen Gründen für eine Somatisierung auf die Spur zu kommen.

Gibt es, neben den Entspannungsübungen, noch andere Maßnahmen, die man während eines akuten Stimmritzenkrampfs anwenden kann?

Entspannungsübungen sind die effektivste Maßnahme bei einem akuten Stimmritzenkrampf. Allerdings ist es durchaus zu empfehlen, sich hierfür eine ausgebildete Fachkraft für die Kehlkopf-Therapie zu wenden. Ansonsten gibt es keine anderen Maßnahmen.

Kann eine Vocal Cord Dysfunction auch bei Kindern, Kleinkindern und Babys auftreten? Wie unterscheiden sich hier die Diagnose und Therapie?

Nein, die jüngste Patientin, die wir gesehen haben, war ein 9-jähriges Mädchen. Aber: Bei Kleinkindern und Babys gibt es ein eigenes Krankheitsbild, die angeborene Larnygomalazie. Die Kinder haben einen weichen Kehlkopf, der beim Einatmen nach innen kollabiert und ein deutlich vernehmbares Geräusch verursacht. In der Regen verbessern sich die Symptome in den ersten 6 bis 12 Lebensmonaten dadurch, dass der Kehlkopf stabiler wird.

Sind VCD-Patienten, die an COVID-19 erkranken, besonders gefährdet?

Bis jetzt gibt es keine Studie dazu, aber ich sehe keine Risikofaktoren und würde spontan „nein“ sagen.

Herr Prof. Schulze, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

 

Quellen:

1) Schulze J, Weber S, Rosewich M, Eickmeier O, Rose MA, Zielen S., Vocal cord dysfunction in adolescents, Pediatr Pulmonol. 2012 Jun; 47(6):612-9. Epub 2012 Mar 13. DOI: 10.1002/ppul.21622

2) Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Glottis

3) Schulze J, Weber S, Oddo S, Rosewich M, Rose MA, Zielen S., Quality of life for adolescents with vocal cord dysfunction, Pneumologie. 2012 Oct; 66(10):596-601. Epub 2012 Aug 7. DOI: 10.1055/s-0032-1310105

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

17. Mai 2022

Autor: S. Jossé/ J. Schulze, www.mein-allergie-portal.com

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