Skip to main content

ASS-Intoleranz-Syndrom

Autor: Dr. med. Annette Sperl

Allgemeine Informationen zum ASS-Intoleranz Syndrom

Beim ASS-Intoleranzsyndrom handelt es sich um eine Unverträglichkeit von Acetylsalicylsäure (ASS) und ähnlichen Substanzen aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID), die in sehr vielen Schmerzmitteln (z.B. Aspirin®) enthalten sind. Auch in natürlicher Form sind Salicylate Bestandteil zahlreicher Nahrungsmittel.  Obwohl die bei Einnahme von ASS auftretenden Beschwerden den Symptomen einer allergischen Reaktion ähnlich sind, liegt hier keine Allergie zugrunde. Denn während eine Allergie Ausdruck einer sog. IgE-vermittelten Immunreaktion ist, liegt beim ASS-Intoleranzsyndrom eine Stoffwechselerkrankung, genauer eine Störung des Arachidonsäurestoffwechsels zugrunde.  Man spricht daher auch von einer Pseudoallergie. Im englisch-sprachigen Raum wird häufig der Begriff Aspirin-Exacerbated-Respiratory Disease (EARD) verwendet.

ASS-Intoleranz: ASS-haltige Medikamente und Lebensmittel

Acetylsalicylsäure (ASS) ein wichtiger Bestandteil sehr vieler Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) wie zum Beispiel von Aspirin®. Hierzu gehören zum Beispiel auch Metamizol, Piroxicam, Ibuprofen, Diclofenac und Indomethacin.

Darüber hinaus kommen Salicylate in natürlicher Form in zahlreichen Lebensmitteln vor:

Salicylathaltige Gemüsesorten:

  • Tomate
  • Paprika
  • Champignon
  • Endiviensalat
  • Kresse
  • Olive
  • Rettich

Salicylathaltige Obstsorten:

  • Apfel
  • Ananas
  • Birne
  • Heidelbeere
  • Erdbeere
  • Brombeere
  • Grapefruit
  • Mandarine
  • Nektarine
  • Orange
  • Pfirsich
  • Preiselbeere
  • Rosine und Sultanine
  • Rote und schwarze Johannisbeere
  • Traube
  • Kirsche
  • Aprikose

Salicylathaltige Gewürze:

  • Paprika (scharf)
  • Cayennepfeffer
  • Chili
  • Kardamom
  • Ingwer
  • Senf
  • Worcester-Sauce
  • Zimt
  • Kumin
  • Curry
  • Anis

Symptome beim ASS-Intoleranz Syndrom

Es lassen sich unterschiedliche Erkrankungsstadien ausmachen, wobei die ersten Beschwerden sich oft in einem chronischen Schnupfen und Niesreiz äußern. Die Erkrankung beginnt bevorzugt in der 3. Lebensdekade, Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Folgende Symptome können die Folge einer ASS-Intoleranz sein:

  • Rhinitis
  • Niesreiz
  • Angioödem (Schwellung von Haut oder Schleimhaut)
  • Atemnot (Asthma)
  • Blähungen
  • Durchfall
  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit
  • Völlegefühl
  • Vermindertes Riechvermögen
  • Polypen von Nase und/oder Nasennebenhöhlen (Polyposis nasi)

Viele der oben aufgeführten Symptome sind relativ unspezifisch, weshalb die Diagnose eines ASS-Intoleranz-Syndroms nicht immer naheliegend ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Symptome auch mit einer Latenz von 2 bis 48 Stunden nach Verzehr salicylathaltiger Speisen auftreten können. In Abhängigkeit von der Menge an eingenommenen Salicylaten und des individuellen Schweregrades des ASS-Intoleranz-Syndroms können mehrere Symptome gleichzeitig und in unterschiedlicher Ausprägung auftreten.

Sofortiges ärztliches Handeln erfordert z. B. ein akuter Asthmaanfall nach Einnahme einer ASS-Tablette („Analgetika-Asthma“). In einem solchen Fall lässt sich die richtige Diagnose meist leicht stellen. Ein weiteres typisches Krankheitsbild ist der Morbus Samter (auch Morbus Widal), bei dem neben einer ASS-Intoleranz gleichzeitig ein Asthma bronchiale und eine Polyposis nasi besteht.

Diagnose des ASS-Intoleranz Syndroms

Es stehen verschiedene Bluttests zur Untersuchung auf eine ASS-Intoleranz zur Verfügung. Da derzeit jedoch noch keiner der Tests eine 100%ige Diagnosesicherung zulässt, können sie nur zur Unterstützung der Verdachtsdiagnose „ASS-Intoleranz-Syndrom“ hinzugezogen werden.

Goldstandard ist daher die Diagnosestellung durch einen Provokationstest, der oral oder nasal durchgeführt werden kann. Dabei wird der Testperson ASS in Form einer Tablette oder als Lösung über die Nase verabreicht. Da mit Reaktionen bis hin zum akuten Asthmaanfall gerechnet werden muss, darf der Provokationstest nur von entsprechend geschulten Ärzten und unter stationären Bedingungen durchgeführt werden.

Insgesamt entscheidend für die Diagnosestellung ist das Gesamtbeschwerdebild, eine genaue Anamnese mit Erfassung der Ernährungsgewohnheiten, gestützt von Provokationstests und Blutuntersuchungen. Hilfreich kann dabei auch das Führen eines Ernährungstagebuchs sein.

Therapie des ASS-Intoleranz Syndroms

Patienten mit einem nachgewiesenen ASS-Intoleranz-Syndrom sollten ASS (Aspirin®) und alle anderen nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) konsequent meiden. Dies erfordert eine sorgfältige Aufklärung des Betroffenen, vor allem hinsichtlich freiverkäuflicher NSAID-haltiger Präparate.

Eine salicylatarme Diät ist aufgrund des umfangreichen Spektrums salicylathaltiger Nahrungsmittel einerseits kaum umsetzbar. Andererseits birgt eine entsprechende Umsetzung das Risiko von körperlichen Mangelerscheinungen und wird daher nicht empfohlen.

Eine mögliche Therapie-Option besteht in der sog. adaptiven ASS-Desaktivierung. Dabei lässt sich durch tägliche Steigerung der oral eingenommen ASS-Dosis mit der Zeit eine Toleranz gegenüber ASS erzielen.
Die adaptive Desaktivierung erfolgt unter stationären Bedingungen über in der Regel 5 Tage. Anschließend wird die Behandlung durch die tägliche Einnahme von ASS fortgesetzt, bei guter Verträglichkeit unter Umständen lebenslänglich.

 

Quellen

  • Kirsche/ Pfaar/ Olze/ Förster: Analgetikaintoleranz,  Allergo J 2013;22(1):33-42
  • Ute Körner/Astrid Schareina: Nahrungsmittelallergien und –unverträglichkeiten in Diagnostik, Therapie und Beratung, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart 2010

 

Lesen Sie auch:

ASS-Unverträglichkeit: Welche Schmerzmittel sind verträglich?

Ernährung & ASS-Unverträglichkeit: Was essen?

Samter-Trias - Morbus Widal, was hilft?

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

11. April 2013

Autor: Annette Sperl, Fachärztin für HNO-Heilkunde, HNO Gemeinschaftspraxis Limburg

Lesen Sie auch