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Allergie auf Hamster, Kaninchen, Meerschweinchen

Allergie auf Kleintiere
Was tun bei Allergie auf Hamster, Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse? Bildquelle: M.-B. Hilka

Auch Kleintiere wie Ratten, Mäuse, Hamster, Kaninchen und Meerschweinchen haben ein allergenes Potenzial. Wie hoch ist das Risiko für Kleintierbesitzer, eine Allergie auf Tierhaare zu entwickeln? Welche Berufe sind in Bezug auf Tierhaarallergien besonders gefährdet? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? MeinAllergiePortal sprach darüber mit Dr. med. Maud-Bettina Hilka, HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. med. Maud-Bettina Hilka

Frau Dr. Hilka, kommen Allergien auf Ratten, Mäuse, Hamster, Meerschweinchen und andere Kleintiere eher durch den Beruf oder sind private Tierhalter häufiger betroffen?

Die Zahlen hierzu sind sehr interessant. Zur Prävalenz von Allergien auf Kleintiere bei Tierlabormitarbeitern schwanken die Angaben in der Literatur zwischen 10 und 30 Prozent. Bei den Haustieren geht man davon aus, dass jeder dritte bis vierte Tierhalter allergisch auf ein Tierallergen reagieren kann – die Zahlen sind also quasi identisch.

Bedeutet das, es kommt zu gleich vielen Tierhaarallergien, egal ob man mit Tieren beruflich oder privat zu tun hat?

Hierzu lässt sich keine generelle Aussage machen, denn Labortier ist ja nicht gleich Labortier. Vielmehr gibt es ganz erhebliche Unterschiede je nach Tierart, und nicht alle Kleintiere sind gleich allergen.

Darüber hinaus kommt es darauf an, ob es sich um männliche oder weibliche Kleintiere handelt. Die Männchen produzieren in ihrem Urin sehr viel mehr Allergene als die Weibchen, weil dieser Prozess testosterongebunden ist.

Auch das Alter der Tiere spielt eine Rolle – je älter das Tier, desto allergener die Wirkung.

Weiter kommt es auf die Haltung der Tiere an.

Welche Rolle spielt es für einen Tierhaar Allergiker, wie die Tiere gehalten werden?

Für Labortiere gibt es zum Beispiel Käfige, die beim Säubern eine geschlossene Vorrichtung bieten. Auf jeden Fall sollten bei der Käfigreinigung auch Atemschutzmasken getragen werden, das wurde von den Berufsgenossenschaften als verpflichtend festgelegt. Im Labor gibt es auch Belüftungsanlagen, die für Heimtiere natürlich nicht zur Verfügung stehen.

Letztendlich spielt es auch eine Rolle, wie häufig der Betreffende mit den Tieren in Kontakt kommt. Bei seltenen Kontakten mit den Tieren ist die Wahrscheinlichkeit, eine allergische Erkrankung zu entwickeln, natürlich geringer.

 

 

Ratten, Mäuse, Hamster, Kaninchen, Meerschweinchen: Durch welche Kleintierarten kommt es besonders häufig zu Allergien?

Meerschweinchen, Ratten und Mäuse sind deutlich allergener als Hamster und Kaninchen, insbesondere das Meerschweinchen ist hochallergen. Die Sensibilisierungsrate von Meerschweinchen-Besitzern liegt deshalb fast bei 60 Prozent, die von Mäusen und Ratten ist geringer!

Wo ist das Allergen des Meerschweinchens zu finden?

Beim Meerschweinchen findet sich das Allergen im Urin. Es ist aber zusätzlich auch an den Haaren des Tieres nachweisbar. Deshalb empfiehlt es sich, bei der Reinigung des Meerschweinchen-Käfigs zu Hause, auch eine Atemschutzmaske zu tragen. Bei Meerschweinchen nutzt man ja Heu als Käfigstreu und daran kleben die Allergene regelrecht fest. Beim Reinigen verbreiten sie sich dann in alle Richtungen. Der Käfig eines Meerschweinchens sollte deshalb auch nicht im Kinderzimmer stehen, auch weil der Meerschweinchen-Urin stark Ammoniak-haltig ist und sich das Ammoniak in der Luft anreichert.

Wo sitzen die Allergene bei Kaninchen?

Über Kaninchenallergien gibt es recht wenig Arbeiten. Die Allergene beim Kaninchen befinden sich meistens im Speichel, im Urin aber auch in den Haaren.

Bei welchen Tieren ist die Allergenität ebenfalls hoch?

Abgesehen von den Kleintieren, ist auch bei Katzen die Allergenität mit 60 Prozent relativ hoch. Bei Hunden ist die Allergenität mit ca. 30 Prozent deutlich geringer. Bei den Hunden sind wiederum die Rassen Boxer und Schnautzer mit ca. 30 Prozent deutlich allergener, als Schäferhunde mit ca. 2 Prozent Allergenität.

Bei Katzen weiß man mittlerweile auch, dass das Allergen nicht im Speichel vorkommt, wie man das lange angenommen hat, sondern an der Haut. Katzenallergiker, die auf ihre Katze nicht verzichten wollen, sollten sie deshalb möglichst regelmäßig mit speziellen Waschhandschuhen behandeln, vorausgesetzt sie toleriert das!

Wo sind die Allergne der Ratten und Mäusen zu finden?

Das Allergen bei Ratten ist im Urin, im Serum und im Speichel zu finden. Im Urin ist die Konzentration am stärksten. Dies gilt auch für Mäuse. Bei beiden Tieren werden die allergenen Proteine in der Leber gebildet und werden unter Stress verstärkt ausgeschüttet. Das kommt in einem Versuchslabor natürlich verstärkend hinzu. Es hat auch einen Einfluss auf die Höhe der Aeroallergenkonzentration im Labor. Aber wie gesagt sind auch Rasse, Geschlecht und Alter der Tiere wichtige Einflussfaktoren. Hinzu kommen Umweltbedingungen wie Haltung, Luftfeuchtigkeit, Ventilation etc..

Wo sind die Allergene beim Hamster zu finden?

Hamsterallergien sind selten und hier vermutete man die Allergene ebenfalls in den Hautschuppen, den Haaren und dem Urin. Für die Diagnostik gibt es Hauttestlösungen für den Gold- und Feldhamster, aber nicht für den Zwerghamster. So kann ein Hauttest negativ ausfallen, obwohl eine Sensibilisierung vorliegt. Aber es ist selten.

Kann man auch gegen das Kleintierstreu allergisch sein?

Ja, sowohl der Tierhalter als auch das Tier, können auf das Einstreu allergisch sein. Alternativen sind Hanfstreu oder Maisgranulat.

Wo treten bei einer Allergie auf Kleintiere wie Ratten, Mäuse, Hamster, Kaninchen und Meerschweinchen die Symptome auf?

In erster Linie sind bei einer Tierhaarallergie die Atemwege betroffen. Es gibt eine Untersuchung der Berufsgenossenschaft, der zufolge das durch Tierallergene hervorgerufene Asthma bronchiale eine der häufigsten Gründe für eine Berufsunfähigkeit ist. An erster Stelle steht hier das Bäckerasthma, aber an zweiter Stelle kommen gleich die Allergien auf Labortiere.

Zu den Symptomen an der Haut kann man sagen, dass sie eher untergeordnet sind. Zu Hautreaktionen kommt es eher durch das Tragen der Laborhandschuhe und das feuchte Klima in den Handschuhen als durch Allergene von Tieren.

Ähneln die Symptome bei einer Allergie auf Kleintier dann einem Heuschnupfen?

Häufig zeigen sich die Symptome einer Tierhaarallergie durch eine Keratokonjunktivitis. Dann klagen die Tierhaar-Allergiker über Jucken und Kratzen am Auge und einer laufenden Nase. Es kann allerdings, gerade bei den Allergien auf Labortiere, bis zu drei Jahren dauern, bis die Entzündungskaskade in Bewegung kommt und erste Symptome auftauchen. Leider kann es gerade dann, wenn man glaubt die Allergieausprägung sei nicht so gravierend, zu einem Asthma kommen. Im schlimmsten Fall droht dann Berufsunfähigkeit. Der Arzt muss dies dann der Berufsgenossenschaft anzeigen und der Patient muss umschulen.

Und was kann man tun, wenn die Tierhaarallergie durch ein Haustier verursacht wurde?

Wurde die Allergie durch ein Haustier ausgelöst, bleibt dann leider nur, es abzuschaffen. Die Allergene halten sich aber sehr lange im Wohnraum, auch wenn das Tier längst weg ist. Ganz besonders langlebig ist das Allergen der Katze Fel d 1. Deshalb ist es mit dem „Abschaffen“ alleine oft nicht getan und eine gründliche Sanierung ist dringend erforderlich. Oft höre ich von meinen Patienten, dass es ihnen erheblich besser geht, seitdem sie das Haustier wegegeben haben.

Raten Sie denn Menschen mit Allergien grundsätzlich von Haustieren oder Berufen mit Tierkontakt ab?

Mein Rat lautet grundsätzlich: Wenn man eine Sensibilisierung hat, etwa gegen Pollenallergene, sollte man in Bezug auf das Anschaffen eines Haustieres sehr zurückhaltend sein. Das Abschaffen eines Haustieres ist für die Besitzer sehr schmerzhaft.

Ist es möglich, dass man sich trotz einer Sensibilisierung auf Tierhaare oder einer Tierhaarallergie im Laufe der Zeit an die Allergene des Tieres gewöhnt?

In Expertenkreisen gab es Diskussionen darüber, inwiefern sich das Immunsystem durch den Kontakt mit einem Tier positiv stimulieren lässt. Man weiß aber aktuell nicht, in welchen Fällen dieser Kontakt zu einer Art „Abhärtung“ oder Desensibilisierung gegen das Allergen führt und wann sich dadurch eine Allergie entwickelt.

In den USA hat man versucht, Kleinkinder durch den frühen Kontakt mit Katzen quasi zu immunisieren. Man ist mittlerweile von dieser Methode aber wieder abgekommen, weil es leider nicht funktioniert hat. Momentan wird sehr intensiv an den Zusammenhängen zwischen dem Mikrobiom des Darmes und Allergien geforscht. Eventuelle ergeben sich hier Ansatzpunkte zur Allergieprävention.

Zurück zu den berufsbedingten Allergien auf Kleintiere: Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der Therapie kommt es darauf an, in welcher Situation sich der Patient befindet. Wenn es irgendwie möglich ist, würde man versuchen, spezielle Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Alternativ dazu könnte man den Patienten innerbetrieblich umsetzen oder ihn aus dem beruflichen Milieu entfernen. Wenn ein Betroffener aber eine hochqualifizierte spezialisierte Ausbildung durchlaufen hat und seinen Beruf nicht so einfach wechseln kann, ist dies natürlich ein sehr gravierendes Problem, das man versuchen sollte, anders zu lösen.

Kann man bei einer Tierhaarallergie auf Kleintiere eine Hyposensibilisierung durchführen?

Eine meiner Patientinnen hatte im Laufe ihrer Berufstätigkeit als Biologin eine Allergie auf Ratten entwickelt. Diese Rattenallergie haben wir erfolgreich mit einer Immuntherapie behandelt. So konnte sie weiterhin in ihrem Beruf arbeiten. Auch bei einer Reitlehrerin, die plötzlich eine Allergie gegen das Pferdeepithel entwickelt hat, konnten wir durch eine Hyposensibilisierung erreichen, dass sie ihren Beruf nicht aufgeben musste. Allerdings sind dies die großen Ausnahmen.

Gibt es denn fertige Therapieextrakte für solche Hyposensibilisierungen gegen Tierhaare?

Standardextrakte gibt es dafür nicht, aber es gibt spezialisierte Firmen, die solche Extrakte zur Desensibilisierung individuell herstellen. Im Falle der Allergie auf Ratten wurde das Therapie Allergenextrakt aus dem Urin der Tiere hergestellt. Das ist natürlich extrem aufwändig und sehr teuer. In bestimmten Fällen ist es volkswirtschaftlich aber sicher sinnvoller, als eine Berufsunfähigkeit oder eine Umschulung.

Was kann man bei einer Berufsallergie tun, wenn eine Desensibilisierung nicht möglich ist. Helfen die klassischen Allergiemedikamente?

Das kommt darauf an, wie intensiv der Allergenkontakt ist. Zunächst würde man, wie gesagt, versuchen, den Allergenkontakt zu reduzieren. Das kann man durch eine bessere Belüftung, Mundschutz oder eine räumliche Veränderung versuchen. Kommt es dann nur noch selten zum Allergenkontakt, kann man die Symptome mit einem lokalen Nasenspray behandeln, was häufig nicht ausreicht. Auch mit einem Antiallergikum kann man versuchen, die Symptome einer Tierhaarallergie punktuell zu unterdrücken. Genauso würde man vorgehen, wenn ein Katzenallergiker einen Besuch bei einem Katzenhalter plant und dafür ein Antiallergikum einnimmt. Sollte es aber täglich zu einem Kontakt mit dem Allergen kommen, ist schon zu überlegen, ob man die tägliche Einnahme eines Antiallergikums als Langzeittherapie rechtfertigen kann. Schließlich wirkt ein Anitallergikum lebertoxisch.

Wäre eine Hyposensibilisierung für private Kleintierhalter ebenfalls möglich?

Nein, eine Immuntherapie bzw. Desensibilisierung von Tierbesitzern, etwa auf das Meerschweinchen-Allergen, ist nicht zu befürworten. Diese Behandlung dauert drei Jahre und das entspricht ungefähr der durchschnittlichen Lebensdauer eines Meerschweinchens. Da ist es sinnvoller, das Tier in andere gute Hände zu geben. Mit diesem Ratschlag macht man sich, insbesondere bei den Kindern, sicher keine Freunde. Aber dass ein Kind dann nach Jahren mit einem Asthma wiederkommt ist sicher keine akzeptable Alternative.

Für den Fall, das sich ein Allergiker ein Haustier bzw. Kleintiere anschaffen will, welche Tiere würden Sie empfehlen?

Das ist schwer zu sagen. Sicher sollte man sich kein behaartes Tier anschaffen. Vielleicht wäre eine Schildkröte möglich, denn da sind Allergien nicht bekannt.

Sind Reptilien wie Schildkröten oder Echsen für Tierhaar-Allergiker verträglicher?

Ja, Reptilien sind harmlos und unproblematisch für den Allergiker. Deswegen galten sie lange als Allergiker-freundlich. Doch durch sogenannte Futterinsekten ist es auch bei Reptilen möglich, sich Allergene ins Haus zu holen.

Gibt es hypoallergene Kaninchen, Meerschweinchen, Hasen, Ratten, Mäuse oder Hamster?

Hypoallergene felltragende Kleintiere werden als Versuchstiere gezüchtet. Dass sie auch für den Handel als Haustier gezüchtet werden, ist mir nicht bekannt.

Könnten die aus Chile stammenden Degus eine Lösung für Allergiker sein?

In einigen Foren im Internet wird beschrieben, dass Degus bei einer Tierhaarallergie verträglich seien. Dies ist jedoch keine korrekte Aussage, dann wissenschaftlich ist dies nicht erwiesen.

Gibt es für Nagetiere spezielles Tierfutter, das die Allergene reduziert?

Ein spezielles Nagetier-Futter, das beim Tier die Allergene reduziert, ist mir nicht bekannt.

Kann sich eine solche Tierhaarallergie auch zurückentwickeln?

Zwar können sich die Symptome bei einer Allergie auf Tiere auch bessern, die Allergie aber bleibt.

Frau Dr. Hilka, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

15. Juni 2022

Autor: S. Jossé/ M. Bettina Hilka, www.mein-allergie-portal.com

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