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Pferdeallergie: Sind Curly Horses hypoallergen?

Curly Horses allergische Reiter nicht hypoallergen
Warum sind Curly Horses nicht hypoallergen? Bildquelle: M. Raulf

Bei Pferdeallergikern kann der Kontakt zu Pferden schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Ist ein Reiter allergisch auf Pferde, gelten Tiere der Rasse American Bashkir Curly Horse als eine mögliche „hypoallergene“ Alternative. Die These, dass Curly Horses weniger allergen seien, wurde nun in einer Studie1) überprüft, mit überraschenden Ergebnissen. MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf, Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und Leiterin des Kompetenz-Zentrums Allergologie/Immunologie am Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), darüber, warum Curly Horses eben nicht hypoallergen sind.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf

Frau Prof. Raulf, warum gelten Curly Horses als verträgliche Alternative für Reiter mit einer Pferdeallergie?

curly horses fuer pferdeallergikerCurly Horses für allergische Reiter? Hypoallergen sind sie nicht!Curly Horses gelten als hypoallergen, weil Beobachtungsstudien beschrieben haben, dass pferdeallergische Reiter beim Kontakt mit diesen Pferden keine oder deutlich weniger allergische Symptome aufwiesen. In der Vergangenheit nahm man an, dass dies daran liegt, dass Curly Horses weniger Allergene produzieren. Außerdem ging man davon aus, dass die Tiere weniger Allergene in die Umgebung abgeben, da ihre Haut und ihr Fell deutlich mehr Talg enthalten als dies bei anderen Pferden der Fall ist. Dieser Talg könnte die Allergene binden. Diese Thesen wollten wir mit unserer Studie überprüfen. Uns im Institut für Prävention und Arbeitsmedizin interessierte dieser Aspekt der so genannten „hypoallergenen“ Tiere insbesondere vor dem Hintergrund des beruflichen Umgangs mit Tieren und einer potentiell reduzierten Allergenexposition im tiermedizinischen Bereich.

Wie sind Sie in Ihrer Studie zum Vergleich der Allergene von Curly Horses und anderen Pferderassen vorgegangen?

Für unsere Studie, die Teil einer Masterarbeit war,  haben wir insgesamt 224 Haarproben von 32 unterschiedlichen Pferderassen untersucht. Darüber hinaus haben wir bei 20 Curly Horses und 20 Quarter Horses mit Hilfe von personengetragenen Nasenfiltern den Staub gesammelt, der beim Striegeln der Pferde in die Luft freigesetzt wurde.

Unsere Proben haben wir in Bezug auf Antigene aus den Hautschuppen des Pferdes, das Majorallergen des Pferdes Equ c 1 und ein weiteres Allergen Equ c 4 untersucht.

Zu welchem Ergebnis kamen Sie in den Untersuchungen?

In unseren Untersuchungen konnten wir sehen, dass einzelne Tiere in den Hautschuppen und Haaren sehr unterschiedliche Konzentrationen an Antigenen und Allergenen aufwiesen. Zwischen den einzelnen Tieren lag der Unterschied für Antigene aus den Hautschuppen zum Beispiel beim Faktor 500 und für das Majorallergen Equ c 1 beim Faktor 2000.

Ausschlaggebend hierfür waren sowohl Rasse als auch Geschlecht. Außerdem produzierten Wallache, also kastrierte Hengste, deutlich weniger Allergene und Antigene als Hengste.

Wie stark unterschied sich die Allergenkonzentration nach Rasse und Geschlecht?

Bei den Curly Horses fanden wir im Vergleich zu allen anderen untersuchten Pferderassen nicht weniger, sondern signifikant höhere Allergenkonzentrationen. Im Vergleich zu den Curlies hatten die Tinker, Isländer und Shetland Ponies einen ca. 7-fach geringeren Wert bei Pferdeschuppen-Antigenen und bei Equ c 1. Für Equ c 4 war der Wert bei den Tinkern sogar 25-Mal geringer als bei den Curlies.

Auch in einer weiteren Studie aus dem Jahr 20232) konnte kein Nachweis dafür erbracht werden, dass Curly Horses weniger allergen, als andere Pferde sind. Vielmehr hat man alle bei Pferden bekannten respiratorischen Allergene auch in den Haarextrakten der Curly Horses und Quarter Horses gefunden.

Es gibt zwar auch Beobachtungsstudien3), die zeigen konnten, dass sich durch den Kontakt mit Curly Horses eine gewisse Toleranz entwickelt. Allerdings ist zu hinterfragen, ob diese Toleranz sich nicht auch bei dem Kontakt zu anderen Pferderassen entwickelt hätte. Um diese Frage zu klären wären bei den Untersuchungen entsprechende Kontrollgruppen nötig, das heißt allergische Reiter und Reiterinnen, die intensiven Kontakt zu anderen Pferderassen haben und nicht zu Curly Horses und möglicherweise auch eine Besserung ihrer Beschwerden entwickeln.

Wie unterscheiden sich die Allergenkonzentrationen bei Hengsten im Vergleich zu Stuten?

Im Vergleich zu den Stuten fanden wir bei Hengsten höhere Konzentrationen bei allen Parametern. Bei Pferdeschuppen-Antigenen hatten Hengste einen 2,2 fachen Wert, beim Equ c 1 den 3,5 fachen Wert und bei Equ c 4 den 6,7 fachen Wert. Unterschiede zwischen Stuten und Wallachen konnten wir nicht feststellen.

Welche Ergebnisse hatten Ihre Untersuchungen des Staubs, der beim Striegeln der Pferde entsteht?

Bei den Proben, die wir beim Striegeln der Pferde mit Hilfe von speziellen Nasenfiltern, die von Personen während der Tätigkeit getragen wurden, gesammelt hatten, zeigten sich im Hinblick auf den Allergengehalt keine Unterschiede zwischen Curlies und Quarter Horses.

Im Grunde haben Curly Horses also nicht geringere, sondern höhere Allergenkonzentrationen?

Das haben unsere Studien ergeben. Im Vergleich zu anderen Pferderassen hatten die Curly Horses in, Haar- und  Staubproben keine niedrigeren Allergenkonzentrationen als die anderen Rassen.

Es hat sich gezeigt, dass eher Rasse und Kastration einen signifikanten Einfluss auf die Antigen- und Allergengehalte von Schuppen und Haaren der Pferde haben. Und: Noch deutlich größer waren die Unterschiede der Allergengehalte zwischen den einzelnen Pferden. Für pferdeallergische Reiter gilt es daher das Pferd zu finden, dessen Allergenproduktion für ihn tolerabel ist.

Frau Prof. Raulf, herzlichen Dank für dieses Interview!

 

Quellen:

1) Eva Zahradnik, Bente Janssen-Weets, Ingrid Sander, Benjamin Kendzia, Wolfgang Mitlehner, Caroline May, Monika Raulf, Lower allergen levels in hypoallergenic Curly Horses? A comparison among breeds by measurements of horse allergens in hair and air samples, PLoS One. 2018 Dec 12;13(12):e0207871. eCollection 2018. DOI: 10.1371/journal.pone.0207871

2) Bente Janssen‐Weets, Antoine Lesur, Gunnar Dittmar,François Bernardin, Eva Zahradnik, Monika Raulf, François Hentges, Carsten Bindslev‐Jensen, Markus Ollert1, Christiane Hilger, Proteomic analysis of horse hair extracts provides no evidence for the existence of a hypoallergenic Curly Horse breed, Received: 9 August 2023, Revised: 7 December 2023, Accepted: 21 December 2023, DOI: 10.1002/clt2.12329

3) Mitlehner A, Mitlehner C, Reißmann M, Stoll P, Swoboda I, Mitlehner W. Horse allergy: Curly Horses can mediate immune tolerance. Pneumologie. 2024 Jan;78(1):47-57. English. doi: 10.1055/a-2101-9533. Epub 2023 Oct 12. PMID: 37827498.

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

05. Februar 2024

Autor: S. Jossé/ M. Raulf, www.mein-allergie-portal.com

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